Rosenkrieg im Rathaus

Rechts-Koalition streitet weiter über Kita-Plätze. Schill-Partei und FDP giften sich an, Finanzsenator Peiner brodelt vor Wut. In der Bildungsbehörde macht Spottgedicht über Senator Lange die Runde, dessen liberale Fraktion steht „noch“ hinter ihm

von SVEN-MICHAEL VEIT

Mit der Akzeptanz von Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) ist es auch in seiner Behörde nicht mehr weit her. Ein Spottgedicht „Die Sache mit den Kita-Plätzen“ macht inzwischen dort die Runde: „Der Lange ist ein Renommist. Ihr wisst vielleicht nicht, was das ist? Ein Renommist, das ist ein Mann, der viel verspricht und wenig kann“, lautet die erste von 14 Strophen, die kreative Köpfe frei nach Erich Kästner reimten. Das sei „bezeichnend für die katastrophale Stimmung im Hause“, so ist zu hören, dessen Chefetage sich als „Totalausfall“ erwiesen habe.

Dass der Senator und sein parteiloser Staatsrat Reinhard Behrens die Rechts-Koalition in ihre schlimmste Krise steuerten, macht inzwischen viele nervös. Das Gipfeltreffen am Montag bescherte Lange als Vormund eine behördenübergreifende „Lenkungsgruppe“, die bis Mitte Januar Lösungswege aus dem Kita-Chaos finden soll (taz berichtete) – ein deutliches Zeichen für das Misstrauen, das Lange von seinen Senatskollegen entgegengebracht wird. Die Federführung in jenem Gremium, bestätigt Senatssprecher Christian Schnee, soll dennoch Behrens übernehmen. Alles andere wäre eine öffentliche Demontage, vor der die Koalition noch zurückschreckt.

Obwohl vor allem Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) glaubwürdigen Quellen zufolge „stinksauer“ ist über den Dilettantismus und die handwerklichen Fehler in der Kita-Frage und Regierungschef Ole von Beust (CDU) kaum weniger. Mit Lange sei, das wird in Koalitionskreisen immer unverhohlener geäußert, „kein Blumentopf mehr zu gewinnen“, und erst recht keine Bürgerschaftswahl.

Auch in der FDP-Fraktion ist die Stimmung „nicht gerade euphorisch“, so die offizielle Wortwahl. Es gebe jedoch „keinerlei Spekulationen“ über eine Ablösung des einzigen FDP-Senators. Inoffiziell ist zu hören, die Freidemokraten stünden noch geschlossen hinter Lange, und noch inoffizieller, dass die Betonung auf dem „noch“ liege.

„Beträchtlichen Unmut“ gibt es auch in der Schill-Fraktion. Deren Kita-Experte Stephan Müller hatte bereits vor zwei Wochen in der Bürgerschaft schmallippig „präzise Zahlen“ von Lange verlangt. Dass dieser am Montag noch immer keine vorlegen konnte, beschleunigt die Absetzbewegungen. Fraktionschef Norbert Frühauf fordert von der FDP Zugeständnisse bei der Neufassung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes. Ohne Zustimmung der Liberalen zum Beispiel zum „finalen Rettungsschuss“ – der gezielten Tötung von Geiselnehmern – werde kein Schill-Ressort zugunsten der Kita-Behörde auf Geld verzichten.

Zwar empört FDP-Fraktionschef Burkhardt Müller-Sönksen sich pflichtschuldigst, „die liberale Seele ist nicht käuflich“, zwar werfen die Jungen Liberalen Frühauf deshalb „übelste politische Erpressung und Giftspritzen“ vor. Fraglich ist jedoch, ob die Freidemokraten eine Alternative haben.

„Der Verursacher“ des Kita-Chaos, beharren die Schillianer, „muss sich rechtfertigen.“ Wer – wie Lange – ständig um neue Euromillionen „bettelt“, aber noch immer „keine belastbaren Zahlen“ liefern könne, werde zu einer „langsam untragbaren Belastung“. Bis Mitte Januar, raunt es im Rathaus, wird die FDP Langes NachfolgerIn gefunden haben müssen, sonst sei es zu spät. Und jeder Tag früher „ist besser“.