mein islam
: „Der Glaube ist eine Sache zwischen mir und Gott“

Bettina Hedayat wuchs als Tochter einer Deutschen und eines Iraners in Wiesbaden auf und lebt seit 1985 in Berlin. Mit ihrem Ehemann, einem Libanesen, hat die 40-Jährige eine Tochter.

„Mein religiöses Leben begann mit dem Tod meines Vaters vor sechs Jahren. Damals kam ich nach 22 Jahren das erste Mal wieder in den Iran. Ich habe zwar als Kind persisch gelernt, wurde aber von meinem Vater nicht gläubig erzogen. Seine Familie hingegen ist sehr gläubig.

Bei der Gedenkfeier konnte ich nicht auf traditionelle Weise das Totengebet für meinen Vater sprechen. Daraufhin begann ich, mich intensiv mit dem Glauben zu befassen, ich habe viel über den Islam gelesen. Das hat mir über seinen Tod hinweggeholfen. Und ich entdeckte den Koran für mich – als Gebot fürs Leben. Meiner Meinung nach ist der Islam eine fortschrittliche Religion. Auch wenn hierzulande viele sie für frauenfeindlich halten.

Die politischen Vorgänge im Iran verfolge ich über iranisches Fernsehen. Im Grunde ist dieses Land ebenso demokratisch und undemokratisch wie Deutschland. Schließlich werden auch hier die Menschen eingeschränkt und kontrolliert. Es ist noch ein weiter Weg zur Demokratie, den der Iran vor sich hat. Die Menschen dort brauchen immer irgendeinen starken Mann. Vielleicht werde ich mich später mal im Iran niederlassen.

Ich unterscheide strikt zwischen Glauben und Kultur. Wenn islamische Mädchen gegen ihren Willen mit 16 verheiratet werden, hat das nichts direkt mit dem Glauben zu tun.

In die Moschee gehe ich hauptsächlich am Wochenende. Dort wird eben nicht nur gebetet, sondern auch Gemeinschaft gepflegt. Meine sechsjährige Tochter lernt dort gerade Persisch. Sie soll von klein auf offen mit anderen Gemeinschaften umgehen, aber auch lernen, dass der Islam ihre Kultur ist. In der islamischen Gemeinschaft fühlt sie sich sehr wohl.

Ein Kopftuch trage ich nicht, das würde sich im Job nachteilig auswirken. Außerdem ist es ein weit reichender Schritt. Es ist nicht so schwer, sich für das Kopftuch zu entscheiden. Es wieder abzulegen, geht nicht so leicht. Ohnehin ist der Glaube eine Sache zwischen mir und Gott.“

PROTOKOLL: CHRISTINE KEILHOLZ