Streik geht in nächste Runde

Vollversammlung der TU entscheidet für Verlängerung der Proteste. Auch Studierende der Humboldt-Uni wollen streiken – aber nicht sofort. Bis nächste Woche sollen noch Aktionen geplant werden

von RUDI NOVOTNY
und MEIKE RÖHRIG

Nachzügler hatten keine Chance. Das Audimax der Humboldt-Uni (HU) war gestern Mittag brechend voll – rund 1.200 Studierende waren gekommen und wollten über den Kurs ihrer Uni bei den Protesten entscheiden. Der ReferentInnenrat der HU hatte zur Vollversammlung geladen, und es waren nicht nur die üblichen Streikveteranen mit Rasta-Schöpfen und Pali-Tüchern gekommen, sondern auch viele Durchschnittsstudenten und Erstsemester.

Nachdem die Studierenden der Technischen Universität schon seit Tagen Institutsgebäude besetzen und öffentliche Protestvorlesungen organisieren, wird es nun offenbar auch vielen HU-Studenten mulmig – angesichts des Strukturplans, den HU-Präsident Jürgen Mlynek vorgelegt hat. Der sieht die Streichung von 90 Professorenstellen und den Wegfall ganzer Institute vor. So will Mlynek die Sparvorgaben von Wissenschaftssenator Thomas Flierl umsetzen, der den drei Universitäten zwischen 2006 und 2009 zusammen 75 Millionen Euro weniger zugesteht.

Auf der Vollversammlung mahnten die meisten Redner zu Besonnenheit. Statt sofort in den Streik zu treten, plädierten Redner fast aller Fachbereiche für gut geplante, öffentlichkeitswirksame Protestaktionen. Die Mehrheit folgte und beschloss, erst am 19. November endgültig über den Streik zu entscheiden. Die Stimmung an der HU ist eindeutig pro Ausstand, und Dorothee Booth vom ReferentInnenrat hält den Aufschub einer Entscheidung für sinnvoll: „Es ist super, dass die Studierenden beschlossen habe, gut vorbereitet in die Proteste zu gehen.“ Soll heißen: Vorbereitungsgruppen werden in den nächsten Tagen Studis mobilisieren und Aktionen entwickeln.

Während die HU also eher vorsichtig in die Proteste geht, streiken die Studierenden der TU weiter. Dies entschied die dortige Vollversammlung im Audimax, zu der rund 1.300 kamen. Zwei Stunden wurde diskutiert, Einigkeit herrschte über die katastrophalen Zustände an der Uni und darüber, dass es durch Flierls Pläne noch schlimmer wird. Trotz der Entscheidung für Streik war dessen Sinnhaftigkeit durchaus umstritten: Man schade sich damit nur selbst, meinten einige der Redner, andere sprachen von einem „wirksamen Mittel“. Mathias Hofmann vom Asta der TU war über das Abstimmungsergebnis erfreut: „Natürlich sind wir zufrieden – weil wir den Streik unbefristet angelegt haben, aber eine wöchentliche Bestätigung durch die Vollversammlung brauchen.“

Dann gab es noch eine Überraschung: Die Forderung nach mehr Mitbestimmung in den Unigremien wurde aus dem Forderungskatalog herausgenommen. Die Begründung des Antragstellers: So würden sich mehr Professoren mit den Streikenden solidarisieren. An der TU habe sich das Präsidialamt mit den Streikenden solidarisiert.

Doch bereits jetzt unterstützen viele TU-Dozenten den Streik. So hielt Physikprofessor Schöll gestern Mittag seine Vorlesung über Quantenmechanik mit rund 80 Studenten vor dem Roten Rathaus. Auch an der HU gehen – unabhängig von dem abwartenden Vollversammlungsvotum – die Proteste in einzelnen Fachbereichen weiter: Für Sonntag laden die von Schließung bedrohten Fachbereiche zu einem Soli-Frühschoppen in die Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät ein. Kommenden Dienstag ist ein Treckerkonvoi zu Parteizentralen geplant.