Flüchtlingsrat stößt Bleiberechtskampagne an

Der Kölner Flüchtlingsrat fordert die Stadt auf, noch vor Inkrafttreten des neuen Zuwanderungsgesetzes möglichst vielen Flüchtlingen eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Ratsparteien sollen Druck bei Ausländerbehörde machen

KÖLN taz ■ „Wer lange hier lebt, muss bleiben dürfen!“ Unter diesem Motto hat der Kölner Flüchtlingsrat eine Bleiberechtskampagne für Flüchtlinge angestoßen. In einem Brief an die Ratsfraktionen fordert er, dass die Stadt noch in diesem Jahr möglichst vielen Flüchtlingen mit Duldungsstatus eine Aufenthaltsbefugnis erteilt – bevor im Januar 2005 das neue Zuwanderungsgesetz in Kraft tritt.

„Die rechtlichen Grundlagen nach dem neuen Gesetz sind noch völlig unklar“, begründet Claus-Ulrich Prölß vom Flüchtlingsrat die Eile. Fest stehe jedoch, dass die Kölner Ausländerbehörde nach geltendem Recht viel mehr Aufenthaltsbefugnisse erteilen könnte. „Es gibt hier Ermessensspielräume, die bisher nicht ausgenutzt werden“, so Prölß. So würden Anträge zur Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis oft erst nach Jahren entschieden. Oder abgelehnt, weil der Antragsteller keine Arbeit hat. „Aber das ist laut Ausländergesetz kein zwingender Ablehnungsgrund“, erklärt er. Und schon gar nicht dürfe die Behörde, wie es gängige Praxis sei, Anträge ablehnen, weil der oder die Betreffende keinen Pass hat.

Diese restriktive Handhabung des Ausländergesetzes geht letztlich auch zu Lasten des Stadtsäckels, argumentiert Prölß. Denn in der Regel bekämen geduldete Flüchtlinge keine Arbeitserlaubnis, müssten also von Sozialhilfe leben – und das oft seit mehr als 10 Jahren. Unter diesem Gesichtspunkt, hofft Prölß, sollten sich auch Kölns Politiker für das Thema interessieren. „Der Stadtrat muss der Ausländerbehörde Druck machen, dass sie jetzt alle Duldungsfälle neu überdenkt und die Richtlinien großzügig auslegt.“

Ob ein solcher Ratsbeschluss noch in diesem Jahr realistisch ist, bezweifelt der grüne Sozialexperte und Ratsherr Ossi Helling. Seine Partei teile zwar die Ziele des Flüchtlingsrates, „aber bevor wir einen solchen Antrag einbringen, müssen erst die Kräfteverhältnisse im neuen Rat klar sein“. Im Prinzip glaubt jedoch auch Helling, dass die Ausländerbehörde nur mit politischem Druck zu einer weniger restriktiven Handhabung des Ausländergesetzes gebracht werden kann. „Die Behörde fährt seit Jahren eine harte Gangart.“

Der Chef dieser Behörde, Ordnungsdezernent Peter-Michael Soénius (CDU), sieht das naturgemäß und wenig überraschend ganz anders: „Wir nutzen alle gesetzlichen Spielräume. Die Kampagne des Flüchtlingsrats ist deshalb völlig unnötig.“

Dem widerspricht allerdings auch die migrationspolitische Sprecherin der SPD, Susana dos Santos Herrmann. Allein die Tatsache, dass es in Köln sehr viele jahrelange Kettenduldungen gebe, die vom Gesetz gar nicht vorgesehen seien, zeigt ihrer Ansicht nach, wie restriktiv die Behörde in der Praxis arbeitet. Eine „humanere Praxis“, die alle rechtlichen Möglichkeiten voll ausschöpft, findet sie daher sehr erstrebenswert. Vor allem für jene, die „schon lange hier leben und sich von Duldung zu Duldung hangeln“. Zwar gebe es in der Fraktion noch keinen Beschluss in Punkto Bleiberecht, „aber ich kann mir vorstellen, dass meine Fraktion das ähnlich sieht.“ Susanne Gannott