Gerecht und schön?

Die Unterschiede zwischen rot-grünem und CDU-Steuermodell schrumpfen

BERLIN taz ■ Wer hätte das gedacht? Sogar die Ästhetik spielt nun in der Steuerdiskussion eine Rolle. Bayerns Finanzminister Faltlhauser (CSU) jedenfalls findet, dass ein Steuertarif in einer schön geschwungenen Linie verlaufen sollte. Und nicht so zackig gestaltet sein darf, wie es die flat tax ist, die Stufensteuer.

Für den eleganten Finanzminister geht es beim Verlauf des Steuertarifs freilich auch um Gerechtigkeit. Sie wird darüber entscheiden, ob der Stufentarif eine Chance auf Verwirklichung hat. Denn die Stufensteuer von Friedrich Merz (CDU) konkurriert plötzlich mit dem linear-progressiven Tarif – den die Bundesregierung bevorzugt. Formell wird ab heute im Vermittlungsausschuss über den Stufentarif nicht gesprochen – aber zusammen mit der Beseitigung von Steuerschlupflöchern (s. rechts) kommt Rot-Grün dem Konzept der Union immer näher.

Gerecht ist der linear-progressive Tarif, weil er jeden zusätzlich verdienten Euro stärker besteuert. Starke Schultern sollen mehr tragen als schwache – so die Idee. Steuertechnisch wird das erreicht, indem die Belastung der Bürger immer stärker bis zum Spitzensteuersatz ansteigt. Den Fans des Stufentarifs ist Einfachheit wichtiger als Schönheit. Sie sagen: Der Bürger hat es bei Steuerstufen viel leicher, auszurechnen, wie viel er dem Staat schuldet. Bei Merz wären das: 12, 24 bzw. 36 Prozent.

Mit einem Dreh will Merz nun obendrein sein Gerechtigkeitsproblem lösen. Bis zum Betrag von 16.000 Euro zu versteuerndem Einkommen werden 12 Prozent Steuern fällig, wer mehr verdient, muss dann aber nicht etwa für sein ganzes Gehalt 24 Prozent an den Fiskus abliefern. Er zahlt bis 16.000 Euro 12 Prozent – und für jeden Euro darüber 24 Prozent. Ab 64.000 Euro werden dann 36 Prozent fällig. Das bedeutet: Die Gerechtigkeitslücke zwischen Union und Rot-Grün schrumpft. CIF