Studenten protestieren und diskutieren weiter

An der Humboldt-Uni stellte sich Präsident Mlynek der Diskussion mit Studenten der agrarwissenschaftlichen Fakultät – ohne von seinen Sparplänen abzurücken. Die TU ging derweil auf die Straße und erhielt dafür Beifall vom DGB

So leicht hatte sich HU-Präsident Jürgen Mlynek seinen gestrigen Auftritt wahrscheinlich nicht vorgestellt. Während die Studenten der TU zur öffentlichen Vollversammlung vor dem Roten Rathaus aufriefen, stellte er sich der Diskussion mit deren Kommilitonen aus der landwirtschaftlich-gärtnerischen Fakultät (LGF). Die will Mlynek laut Strukturplan bis 2009 schließen.

„Der Strukturplan ist nur ein Vorschlag“, beschwichtigte Mlynek gestern jedoch bei der Diskussion an der LGF die Betroffenen. Trotzdem wich er in der sachlich geführten Debatte nicht von der Position ab, dass die LGF verzichtbar sei: Sie sei innerhalb der Uni relativ autark, die Folgeschäden für andere Fächer begrenzt. Hinzu komme die Überalterung des Lehrkörpers: „Man kann Personal nur dort einsparen, wo durch die Alterstruktur der Mitarbeiter Stellen freiwerden“, so Mlynek. Bis 2009 gehen 21 der 31 LGF-Professoren in den Ruhestand.

Aufgeben will man an der LGF dennoch nicht. Zur Zeit wird ein eigener Strukturplan erarbeitet, um Alternativen zur Abschaffung aufzuzeigen. Der Gegenvorschlag soll am 26. November in die akademischen Gremien eingebracht werden.

Noch während im Hörsaal 7 der LGF diskutiert wurde, füllte sich der Platz vor dem Roten Rathaus mit Studenten der Technischen Universität (TU). Mit einer öffentlichen Vorlesung begann ein langer Streiktag, der erst nach einem Protestzug durch die ganze Stadt endete. Mathias Hofmann, stellvertretender Vorsitzender des TU-Asta: „Wir wollten ein Forum haben, auf dem wir mit Leuten außerhalb der Universität über unser Anliegen diskutieren können.“

Neben rund 1.000 Studenten nahm auch FU-Professor Peter Grottian als Redner an der Veranstaltung teil. Grottian hatte am Montag mit zwei anderen Professorenkollegen für die Dauer von zwei Wochen seine Arbeit niedergelegt. Er rief die Studenten dazu auf, ihre Proteste nicht auf die Kürzungen an der Universität zu beschränken, sondern sich allgemein gegen Sozialabbau zu wehren.

Nach dem Ende der Versammlung entschlossen sich 300 Studenten spontan, zum Abgeordnetenhaus zu ziehen, um mit dem dort tagenden Senat zu sprechen. „Eigentlich sollte es nur eine kleine Gruppe sein“, so Hofman, „aber bei so vielen Meinungen ist es eben schwer, sich auf ein paar Vertreter zu beschränken.“ In kurzen Unterredungen signalisierten Fraktionsmitglieder von SPD und PDS weitere Gesprächsbereitschaft zum Thema Bildungsabbau. Hofman: „Es war aber schwierig, weil sie von der Masse der Studenten überwältigt waren.“

Ein Problem, das auch die anwesenden Polizeieinsatzkräfte hatten – allerdings nur, bis Verstärkung anrückte. Danach drängten sie die protestierenden Studenten Richtung Stresemannstraße ab. Die blockierten dafür zehn Minuten lang die Kreuzung vor dem Potsdamer Platz und zogen anschließend weiter zur HU, um die dortigen Studenten für einen Streik zu motivieren.

Unterstützung erhalten sie dabei vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Bernd Rissmann, DGB-Landesvizevorsitzender: „Angesichts der Studienbedingungen ist es erstaunlich, dass sich die anderen Studierenden diesem Streik noch nicht angeschlossen haben.“ Mit den Kürzungen des Senats würden die Zukunftschancen der Forschungs- und Wissenschaftsmetropole Berlin zerstört.

RUDI NOVOTNY,
MEIKE RÖHRIG