Bögers Kita-Plan scheitert

Die Erhöhung der Kita-Gebühren bringt keine Mehreinnahmen. Wegen der Beitragserhöhung verringern Eltern die Betreuungszeit ihrer Kids. Nach Schätzungen fehlen bereits fünf Millionen Euro

VON OLIVER MARQUART
UND LENA VON SEGGERN

Der Plan von Bildungssenator Klaus Böger (SPD), seinem Haushalt mit der Erhöhung der Kita-Gebühren Mehreinnahmen in Höhe von zehn Millionen Euro zu verschaffen, ist gescheitert. Darüber sind sich die zuständigen Bezirksstadträte weitgehend einig. Das Problem: Mit der Erhöhung der Kitagebühren Anfang des Jahres gingen zahlreiche Abmeldungen einher; zudem wurden die Betreuungszeiten vieler Kinder verringert. Zusätzliche Einnahmen bleiben deshalb aus. Nach dem ersten halben Jahr fehlen rund fünf Millionen Euro, wird geschätzt. Böger hatte die Mehreinnahmen in seinem Haushalt bereits eingeplant.

Jugendstadträtin Ursula Meys aus Spandau (SPD) etwa spricht von einer „erheblichen Anzahl von Abmeldungen“. Dadurch seien Neueinnahmen ausgeblieben. Ob vor allem gut verdienende Eltern, die von der Gebührenerhöhung besonders betroffen waren, ihre Kinder nun anderweitig betreuen lassen, weiß Meys nicht. Für Familien mit geringem Einkommen sind die Gebühren gleich geblieben.

Auch in Lichtenberg kann von Mehreinnahmen nicht die Rede sein. „Wir hatten seit Jahresbeginn 21 Kündigungen und 108 Reduzierungen des Betreuungsumfangs“, sagt eine Mitarbeiterin des parteilosen Jugendstadtrats Michael Räßler. Das seien allerdings keine dramatischen Zahlen, sondern eher ein Durchschnittswert.

In Neukölln habe es nach der Erhöhung der Kitagebühren „eine recht eindeutige Welle von Abmeldungen“ gegeben, sagt Thomas Blesing, der zuständige SPD-Stadtrat. „Und zwar seltsamerweise sowohl von solchen Eltern, die von der Erhöhung der Beiträge betroffen waren, als auch von solchen, die sowieso nur den Mindestbeitrag zu zahlen hatten.“ Seine Vermutung: Letztere hätten den Wirbel um die Gebührenerhöhung genutzt, um sich die Kita-Kosten zu sparen. Viele von ihren würden nicht arbeiten und jetzt ihre Kinder zu Hause betreuen. Das sei eine „sehr negative“ Entwicklung, so Blesing. Kindertagesstätten würden nur als Unterbringungsort, nicht aber als Bildungseinrichtung begriffen. Ob sich all das auch finanziell niederschlage, konnte Blesing noch nicht einschätzen.

Aus Sicht von Joachim Stahr (CDU), Jugendstadtrat im größten Bezirk Berlins,Treptow-Köpenick, ist die Gebührenerhöhung ohne erkennbare Wirkung geblieben. Vermehrte Abmeldungen habe es nicht gegeben. Was die Einnahmen angehe, könne man von „plus/minus null“ sprechen. „Es waren vielleicht höchstens 1.000 Euro mehr, kaum spürbar also“, sagt Jugendstadtrat Stahr.

Auch Dietmar Schmidt, Jugendamtsleiter in Mitte, kann die erhofften Mehreinahmen nicht bestätigen: „Die Einnahmen sind unverändert.“ Stattdessen hätten sich die Betreuungszeiten verkürzt. In Mitte allerdings zahlen die meisten Familien nur den Mindestbetrag, für diese hat es keine Veränderungen gegeben. Eine Steigerung der Abmeldungen, so Schmidt, sei nicht zu verzeichnen.

In Charlottenburg-Wilmersdorf hat es nach Angaben von Jugendstadtrat Rainhard Naumann (SPD) im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang in der Nutzung des Betreuungsangebotes gegeben. Die Erhöhung der Kita-Gebühren sei familienpolitisch keine geeignete Maßnahme, weil sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verhindere.

Aus Sicht des jugendpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Sascha Steuer, ist die zunehmende Zahl der Abmeldungen ein gewollter Effekt. Das habe die Opposition schon bei der Einführung der höheren Kita-Gebühren gesagt. Steuer: „Die Eltern sind durch die ganze Angelegenheit so verunsichert, dass sie ihre Kinder gar nicht erst zur Kita anmelden.“ Dadurch müsse Rot-Rot weniger Erzieher und weniger Plätze bezahlen.