Ladehemmung

Der VfB Stuttgart verliert das zweite Spiel in Folge, diesmal gegen zehn Bremer und im eigenen Stadion

STUTTGART taz ■ Wenn im Herbst die Tage kürzer und die Nächte kühler werden, dann rückt auch die Bundesliga etwas näher zusammen. Durch die zweite Saisonniederlage binnen vier Tagen verpasste der VfB Stuttgart jedenfalls den erneuten und souveränen Sprung an die Tabellenspitze – und so sind die Plätze eins bis drei jetzt nur noch durch einen einzigen Punkt getrennt. Das Kuriose an der 1:2-Niederlage der Schwaben gegen den deutschen Meister aus Bremen am Mittwochabend war, dass es den Gästen von der Weser erst gelang das Spiel zu drehen, als sie nach einer Notbremse von Ludovic Magnin am durchgestarteten Christian Tiffert nur noch mit zehn Mann auf dem Platz standen, was ab der 66. Minute der Fall war. Matthieu Delpierre, der Debütant im VfB-Team, hatte die Schwaben bei seinem ersten Bundesligaeinsatz mit einem tollen Kopfball und praktisch mit dem Pausenpfiff in Führung gebracht. Doch anstatt durch die durchaus verdiente Führung an Sicherheit zu gewinnen, versiebte der VfB auch nach dem Seitenwechsel Chance um Chance. Bis zu jener 66. Spielminute, in der die Partie sich drehte.

„Man muss das Spiel unterteilen: Bis zur roten Karte und danach“, sagte auch VfB-Coach Matthias Sammer und befand: „Nach dem 1:0 hätten wir den Sack zumachen müssen. Man kann in Unterzahl ein Gegentor bekommen, doch auch danach muss man konzentriert bleiben. Vor diesem Spiel war alles eitel Sonnenschein, jetzt sind wir wieder ein bisschen in der Realität.“ Auch VfB-Sturmkraft Cacau sah im Platzverweis den Grund für die Niederlage. „Nach der roten Karte haben wir unverständlicherweise nachgelassen. Ich habe keine Erklärung dafür, warum wir das Spiel noch aus der Hand gegeben haben“, sagte der Brasilianer, der diesmal torlos geblieben war. Doch nicht nur er war es, der dieses Mal kein Zielwasser getrunken hatte, auch Sturmkollege Kuranyi, Kapitän Soldo und Spielmacher Hleb schafften es nicht, aus teilweise besten Chancen etwas Zählbares zu machen.

So kam es, wie es nicht selten kommt in der wundersamen Welt des Fußballs: Einen Freistoß von Johan Micoud köpfte Matthieu Delpierre aus der Gefahrenzone, Daniel Jensen nutzte die Chance zum Nachschuss, den Miroslav Klose, fünf Meter vor dem Tor stehend, per Hacke zum Ausgleich ins Netz beförderte. Nur drei Minuten später landete ein Eckball auf dem Kopf von Nelson Valdez – und danach im Tor zum 2:1 für Bremen.

Allzu sehr über die beiden Niederlagen grübeln will Trainer Sammer seine Spieler freilich nicht lassen. Am Samstag muss der VfB beim unter dem Schwaben Ralf Rangnick wiedererstarkten FC Schalke antreten. Erst danach will Sammer zwischenrechnen und „sehen, wo wir stehen“. So wird die Partie beinahe von selbst zum Fingerzeig, ob das VfB-Team das Zeug zu einer echten Spitzenmannschaft hat. Denn konnte man die Niederlage gegen Freiburg noch als Ausrutscher oder als Folge des Uefa-Cup-Einsatzes unter der Woche deklarieren, wird es nach der Heimpleite gegen zehn Bremer schon klarer, woran es derzeit bei den Schwaben hapert, nämlich am erfolgreichen Abschluss. Traf der nach wie vor zweitbeste Sturm der Liga in den ersten acht Saisonspielen 17-mal ins gegnerische Tor, war es in den beiden letzten Partien nur ein einziges Törchen – und dies wurde auch noch von einem Abwehrspieler erzielt. Allzu tragisch nimmt das Matthias Sammer freilich noch nicht. „Was soll’s, wird sind doch für schwierige Aufgaben geboren“, bemerkte der VfB-Trainer. Wobei die Lösung recht einfach scheint: Der VfB muss nur wieder Tore schießen – und darauf achten, dass der Gegner möglichst keinen Spieler weniger auf dem Platz hat. PETER-MICHAEL PETSCH