Integration hoch zwei

Gleich zwei Gremien wollen Stimme der Bremer Migranten sein – das führt zu Konkurrenz, sagen Kritiker

Grüne fordern eine politische Entscheidung

Bremen taz ■ Erst gab es keine, jetzt soll es gleich zwei Interessensvertretungen für Bremer EinwanderInnen geben. Einen „Integrationsrat“ und eine „Föderation Bremer MigrantInnen“. An dem Integrationsrat bastelt derzeit ein Plenum aus MigrantInnenvereinen, Wolfahrtsverbänden, Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen Gruppen unter Leitung des Sozialressorts. Die Idee einer „Föderation“ haben EinwanderInnenvereine wie die Migrationsabteilung vom Kulturzentrum Lagerhaus, der Alevitenverein und Studierende entwickelt. Ihren Gründungsprozess moderiert die Migrationsbeauftragte des Landes Bremen, Dagmar Lill – auch sie angesiedelt am Sozialressort.

„Zwei solcher Vertretungen – das stiftet große Verwirrung unter den MigrantInnen“, kritisiert Matthias Güldner, innenpolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion. Den guten Ansatz mache man durch die Konkurrenz der beiden Gremien kaputt, zumal beide Projekte vom Sozialressort unterstützt würden. „Wir brauchen dringend eine politische Entscheidung, welches Konzept verfolgt werden soll“, so Güldner. Rat und Föderation wollen sich beide für die Belange der MigrantInnen einsetzen, beide wollen ein Sitz- und Rederecht in der Deputation für Jugend, Soziales, Senioren und Ausländerintegration.

Herrscht also künftig vielstimmiges Chaos bei der MigrantInnenvertretung? Nein, meint Migrationsbeauftragte Dagmar Lill. Die zwei Gremien machten sich keine Konkurrenz, denn sie hätten ganz unterschiedliche Aufgaben: Im Rat nähmen viele gesellschaftliche Gruppen Einfluss auf die Integrationspolitik – hier sollen neben EinwanderInnen unter anderem auch VertreterInnen von Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und Hochschulen sitzen. „Dass dort viele gesellschaftliche Gruppen an der Integrationspolitik mitarbeiten, ist ja auch angebracht“, so Lill. Die Föderation sei hingegen ausschließlich ein Parlament für MigrantInnen, ein Ort, an dem sie ihre Meinungen und Interessen diskutieren könnten – „losgelöst von all den Gutmenschen, die die MigrantInnen beraten“, so Lill.

Die zwei Gremien seien „zwei grundverschiedene Dinge“, sagt auch Heidrun Ide, Sprecherin von Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD). Der Integrationsrat habe beratende Funktion in der Bremer Politik, die Föderation nicht. Das allerdings sieht die Föderation ganz anders, die in einem ersten Papier schreibt, sie wolle einen Sitz „in den maßgeblichen Gremien des Landes“. Es herrscht Unklarheit.

Das Plenum des Integrationsrats beginnt noch in dieser Woche, Wahlaufrufe zu verschicken. Jeder, der als migrantischer Vertreter für den Integrationsrat kandidieren möchte, soll sich bis 2. Dezember melden. Die Föderation wartet erstmal die Konstitutierung des Rates ab – und ruft Anfang des Jahres zu den Urnen. Und vielleicht gibt es dann ja auch eine Zusammenarbeit: Die Föderation wünscht sich, dass der Anteil migrantischer Vertreter im Integrationsrat später von ihrem Parlament gewählt und gestellt wird. Dorothea Siegle