Schewardnadse tritt ab

Samtene Revolution in Georgien: Nach wochenlangen Protesten erklärt Georgiens Präsident Eduard Schewardnadse seinen Rücktritt. Sicherheitskräft zur Opposition übergelaufen

TIFLIS ap/afp/rtr ■ Georgiens Präsident Eduard Schewardnadse hat sich am Sonntagabend dem wochenlangen Druck der Opposition gebeugt und seinen Rücktritt erklärt. Im georgischen Fernsehen gab Schewardnadse seine Entscheidung bekannt. „Ich sehe, dass die Angelegenheit nicht ohne Blutvergießen ausgegangen wäre. Ich hätte meine Vollmachten nutzen müssen. Das ging aber nicht, deshalb habe ich meinen Rücktritt unterzeichnet.“ Auf die Frage, wohin er nun wolle, sagte er: „Nach Hause. Ich werde jetzt meine Memoiren schreiben.“ Und gefragt nach einem Nachfolger: „Diese Frage geht mich nichts an. Das muss ich nicht mehr entscheiden. Urteilen Sie selbst.“

Zuvor hatte sich Schewardnadse mit dem russischen Vermittler, Außenminister Igor Iwanow getroffen. Dieser erklärte seine Mission nach dem Treffen für beendet: „Ich habe meine Rolle als Vermittler erfüllt und nun muss das Schicksal Georgiens von den politischen Führeren des Landes selbst entschieden werden“, sagte Iwanov. Schewardnadse wurde von vielen seiner Landsleute für die schwierige Lage in Georgien verantwortlich gemacht. Für Schewardnadse stand am Abend die Präsidentenmaschine am Flughafen von Tiflis bereit.

Regierungskritiker hatten am Samstag das Parlament und den Präsidentenpalast in Tiflis besetzt und die bisherige Parlamentspräsidentin Burdschanadse zur Interimspräsidentin erklärt. Schewardnadse haben einen „aufrichtigen Schritt“ unternommen, indem er sein Amt ohne Blutvergießen verlassen habe, sagte Nino Burdschanadse am Sonntagabend im georgischen Fernsehsender Rustawi-2. Burdschanadse werde nun Nachfolgerin Schewardnadses, sagte der Oppositionsvertreter Michail Saakaschwili.

Nach der Besetzung des Parlaments und des Präsidentenpalasts am Samstag hatte die Opposition dazu aufgerufen, weitere Regierungsgebäude und die Privatwohnung des Präsidenten zu stürmen. Schewardnadse hatte in einer Fernsehansprache dagegen die Demonstranten in einer Fernsehansprache aufgefordert, das Parlament zu räumen. Andernfalls würde er den am Samstag verhängten Ausnahmezustand umsetzen. Vor Schewardnadses Residenz waren ein Schützenpanzer und zwei Rettungswagen zu sehen.

Am Sonntag waren zahlreiche Sicherheitskräfte zu den Demonstranten übergelaufen, auch Regierungsberater Lewan Alexadse gab im Fernsehsender Rustawi-2 seinen Wechsel zur Opposition bekannt. Der Kommandeur einer Eliteeinheit des Verteidigungsministeriums, Georgi Schengilia, erklärte, er werde die Befehle Schewardnadses nicht mehr ausführen.

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