Radikale Basken in Arafats Fußstapfen

Die separatistische Partei Batasuna spricht sich für Verhandlungen über ein neues Autonomiestatut in der Region im Norden Spaniens aus. Das Angebot erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die militante ETA durch Fahndungserfolge geschwächt ist

AUS MADRID REINER WANDLER

Das politische Umfeld der baskischen Separatistengruppe ETA möchte „den Konflikt von der Straße an den Verhandlungstisch verlagern“. Das versprach am Sonntagabend der Sprecher der verbotenen Partei Batasuna (Einheit), Arnaldo Otegi, vor 15.000 Personen im Radrennstadion von San Sebastián. Von dem mit einem Palästinensertuch bedeckten Rednerpult bot er „den Olivenzweig“ an. Er verglich sich mit dem verstorbenen Jassir Arafat, der als „Terrorist vor der UNO redete und später den Nobelpreis bekam“.

„Es ist schwieriger, den Frieden zu machen, als den Krieg“, sagte Otegi. Der Sprecher der Partei, die vor zwei Jahren wegen ihrer Unterstützung des bewaffneten Kampfes der ETA verboten wurde, will den Frieden im Baskenland durch zwei Verhandlungstische erreichen. An einem sollen „alle politischen, gesellschaftlichen und gewerkschaftlichen Kräfte des Baskenlandes“ vertreten sein, um über ein neues Autonomiestatut für die Region im Norden Spaniens zu verhandeln. „Das Ergebnis wird dann einer Volksabstimmung unterzogen.“

An dem anderen Tisch sollen „ETA und der spanische und französische Staat“ sitzen. Dort soll über ein Ende der Gewalt verhandelt werden. Otegi verpflichtete sich dazu, „Meinungsverschiedenheiten friedlich und demokratisch auszutragen“. Eine explizite Aufforderung an die ETA, die Waffen ruhen zu lassen, blieb jedoch aus.

Das Angebot Batasunas kommt nach einem der schwersten Schläge gegen die Untergrundstrukturen der ETA. Vor wenigen Wochen wurden in Südfrankreich die Führung der bewaffneten Separatisten verhaftet und die wichtigsten Waffenlager ausgehoben. In den vergangenen Jahren häuften sich die Fahndungserfolge. Kaum ein Verantwortlicher, der mehr als zwei Jahre im Amt ist, kaum ein Kommando, das nicht schon nach den ersten Aktionen ausgehoben wurde. Neue Mitglieder zu rekrutieren, fällt der Organisation längst nicht mehr so leicht wie früher. Denn das legale ETA-Umfeld hat ebenfalls unter der Verfolgung gelitten.

Neben Batasuna wurden in den letzten zwei Jahren weitere Organisationen und Medien aus der „Baskischen Nationalen Befreiungsbewegung“ verboten. Die Parteikneipen, die in fast jedem Ort als Anlaufpunkt galten, wurden geschlossen.

Batasuna konnte bei den letzten Kommunalwahlen nicht antreten. Die einzige verbliebene Vertretung der Partei ist die Fraktion im baskischen Parlament. Doch solange sich Batasuna nicht vollständig von der Gewalt lossagt, ist eine erneute Kandidatur im kommenden Frühjahr nicht möglich. In den letzten Wochen wurden zudem mehrere Briefe von aktiven Etarras sowie von Gefangenen bekannt, die eine Debatte über den Sinn der Fortsetzung des bewaffneten Kampfs einfordern.

Die Reaktionen auf die Rede Otegis fielen verhalten aus. „Um in einer Demokratie zu sprechen, dürfen nur die Stimmen derer zu hören sein, die reden und nicht der Lärm der Pistolen, ja nicht einmal das Flüstern der Drohungen“, sagte der Sprecher der in Madrid regierenden sozialistischen Partei (PSOE), Alfredo Pérez Rubalcabat. Auch die Volkspartei (PP) warnt vor übereilten Zugeständnissen. Die Konservativen regierten während des letzten Waffenstillstands der ETA 1998. Die Gruppe nutzte die Waffenruhe, um sich von den Schlägen der Polizei zu erholen. Nach 14 Monaten nahm die ETA ihre Aktivität wieder auf und ermordete in nur einem Jahr 23 Personen, die meisten davon nichtnationalistische Gemeinderäte im Baskenland. Die gemäßigt nationalistische baskische Regierung, die ebenfalls ein neues Autonomiestatut anstrebt, hüllte sich gestern zunächst in Schweigen. Man analysiere den Vorschlag Otegis, hieß es.