Kulturkoloss ohne Eigenkapital

Das 500.000 Euro-Defizit des Bremer Theaters hat Folgen: Schlechte für das Musicalpublikum, positive für die Auftragslage der Gutachterfirmen

Bremen taz ■ Streng nach Handelsrecht müsste das Bremer Theater Insolvenz anmelden: Schon jetzt ist klar, dass es seinen Etat bis Ende der laufenden Spielzeit um rund 500.000 Euro überzogen haben wird. Dem stehen lediglich 184.000 Euro an Eigenkapital der Betriebs-GmbH gegenüber. Das Publikum wird diese finanzielle Schräglage vor allem daran bemerken, dass die hochbeliebten Musicalproduktionen der Helmut-Baumann-Truppe in der kommenden Spielzeit eingespart werden. Statt dessen soll Baumann eine Operette mit ohnehin engagierten Kräften inszenieren.

Der Hauptgrund für den Engpass ist ein Planungsfehler: Für die aktuelle Musiktheater-Spielzeit am Goetheplatz wurden genauso viele KünstlerInnen engagiert wie in der vergangenen, die renovierungsbedingt im Musicaltheater als Ausweichspielstätte stattfand. Wobei nicht einkalkuliert wurde, dass dieses Personal für 50 Vorstellungen mehr als am Richtweg bezahlt werden muss, wo aufgrund der größeren Platzkapazität weniger gespielt wurde. Dazu kommen nach Angaben von Verwaltungsdirektor Lutz-Uwe Dünnwald Mehraufwendungen für Strom und Transporte – bisher waren das ca. 80.000 Euro, in dieser Saison 115.000 Euro.

Das Problem des geringen Eigenkapitals ist alt. Schon Dünnwalds Vater (Verwaltungsdirektor ab 1963) bemühte sich vergeblich um eine Aufstockung. Das Focke-Museum hat eine, das Übersee-Museum 6,2 Millionen Euro. Den Museen gehören die Häuser, in denen sie arbeiten, so dass sie als deckungsfähiges Eigenkapital gerechnet werden können. Das Theater jedoch scheut den Gebäudeerwerb unter anderem wegen der sechsstelligen Grunderwerbssteuer.

Erst Anfang Oktober war wieder ein Versuch der Gesellschafterversammlung unter Vorsitz von Kultursenator Peter Gloystein gescheitert, das Eigenkapital des jährlich 29 Millionen Euro umsetzenden Hauses durch eine städtische Bareinlage auf wenigstens anderthalb bis zwei Millionen Euro anzuheben – laut Dünnwald das betriebswirtschaftlich sinnvolle Minimum.

Derweil hat der Senat beschlossen, dass sich eine Unternehmensberatung mit den Theaterstrukturen befassen soll. Davon hält Intendant Klaus Pierwoß nichts. „Das ist nur ein Vorwand, um uns wieder eine Gutachterfirma ins Haus zu schicken, die dann den Zuschussbedarf runterrechnet.“ Pierwoß will das Defizit durch eigene Einsparungen in der neuen Spielzeit ausgleichen. Henning Bleyl