Geschichten für Kinder

Hörspiele und vorgelesene Bücher gehören zu den Rennern für den Gabentisch: Professionell vorgetragen, eröffnen sie einen facettenreichen neuen Blick selbst auf bereits bekannte Werke. Wir stellen Ihnen eine taz-subjektive Auswahl vor

Hörbücher haben sich als Genre auch für Kinder etabliert. Sie können gelegentlich auch mal die abendlich vorlesenden Eltern entlasten, die sich dann mit ihren Kleinen gemeinsam aufs Sofa kuscheln und in die Welt der Abenteuer und Fantasie entführen lassen. Hier unsre Vorschläge.

Freunde fürs Leben

Die drei Freunde Johnny Mauser, Franz von Hahn und der dicke Waldemar sind Kindern und vorlesefreudigen Eltern bisher aus den Büchern des Autoren und Illustratoren Helme Heine bekannt. Dass die Maus, der Hahn und das Schwein sich jedoch auch als Detektive im Hörspiel versuchen, und das nicht schlecht, ist einen Geschenktipp wert.

Schon vier CDs mit den Abenteuern der drei radelnden Freunde gibt es. Die fünfte Folge beschäftigt sich mit einer ängstlichen Weihnachtsgans und einem hinterhältigen Karottendieb. Gans Berta will zu Weihnachten nicht geschlachtet werden. Deshalb verschwindet sie einen Tag vor Heiligabend, ohne ein Zeichen des Abschieds. Grund genug für die drei Freunde, zu ermitteln. Ebenso wie im Fall der heiß begehrten Karottennase des Schneemanns.

Schon für die kleinsten Hörer geeignet, gibt es in dem ausgefeilten Hörspiel nichts Beängstigendes. Eltern werden die Stimmen der Erzähler auch nach mehrmaligem Hören nicht unangenehm, die Geschichte bleibt amüsant. Wer von Klassikern wie Pumuckl und Bibi Blocksberg genug hat, kann die drei Freunde beruhigt der CD-Sammlung im Kinderzimmer hinzufügen.

Helme Heine: „Die Weihnachtsgans“, „Der Karottendieb“. Random House Audio, 12,50 Euro

Rover rettet Weihnachten

Wenn Rudolf, das Rentier, ausgerechnet zu Weihnachten mit Grippe im Stall steht, muss Ersatz her. Denn sonst kann der Weihnachtsmann keine Geschenke austragen. Und dann wäre er nichts weiter als ein alter Mann mit weißem Bart, weil niemand mehr an ihn glaubte. Also wird Rover, der Hund, der alles kann, engagiert. Von einem Wichtel natürlich. Am Ende wird hoffentlich alles gut, schließlich ist es eine Weihnachtsgeschichte.

Doch bis zu diesem Ende begegnen die Hörer noch zwei Eidechsen, die ihre Namen der Umgebungstemperatur anpassen, und netten kleinen Mädchen, die nur „Bumbum“ und „Wer bist du“ sagen, weil sie noch nichts anderes sagen können. Wer sie jedoch gern mag, und Kayla und Victoria muss man einfach gern haben, der versteht ganz genau, was sie eigentlich meinen. Diese und die anderen ungewöhnlichen Kinder haben ebenbürtige Eltern, die allerdings nur am Rande auftreten. Die eine Mutter ist so schön, dass alle Haus- und Gartengeräte in helle Aufregung geraten, sobald sie erscheint, und die andere springt immer mit einem Bungee-Seil vom Haus. Da wundert es nicht, dass sie begeistert ist, als sie von Victorias ersten Fallschirmsprungversuchen erfährt, auch wenn ihr bestes Kleid dafür herhalten musste – in zwei Teile geschnitten.

Am besten steckt man „Rover rettet Weihnachten“ in den Adventskalender, denn Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude und die Zeit bis zur Bescherung kann man sich kaum netter vertreiben.

Bobby Doyle: „Rover rettet Weihnachten“. Gelesen von Uwe Friedrichsen. Random House Audio, 2 CDs, 15 Euro

Die Kinderuni

Es gibt keine dummen Fragen und schon gar keine, die sich nicht beantworten ließen. Als Buch ist die “Kinder-Uni“ schon seit Monaten heiß begehrt. Jetzt kann der Nachwuchs zu Hause nicht nur blättern, sondern sogar richtige Vorlesungen hören. Die Themen sind oft Fächer übergreifend und die Aufbereitung des Stoffes ist alles andere als dröge. Zudem beantwortet die bestens bekannte Stimme von Rufus Beck die Fragen der Kinder. Es geht unter anderem um Dinosaurier und Vulkanausbrüche, Coladosen und Witze, gewalttätige Lehrer, Ganztagsschulen, peinliche Situationen, Versteinerungen und Erdzeitalter.

Selbst die Lesemuffel unter den Wissensdurstigen (gibts die?) können hier Wissenslücken schließen und neue Einblicke gewinnen. Auch den erwachsenen Mithörer dürfte noch Einiges überraschen. Was haben etwa Coladosen mit Dinosauriern zu tun? Eigentlich nichts. Aber so ganz nebenbei erfahren die Jungstudenten, wieso nachfolgende Archäologen wissen können, dass Coladosen und CDs ins 20. Jahrhundert gehören. Und warum Steven Spielberg seinen Dinosaurierfilm „Jurassic Park“ genannt hat. Das lernt man wahrscheinlich nicht in der Schule.

Und warum sie doof ist, auch nicht. Im Schulkapitel gibt es nicht nur einen Abriss über die historische Entwicklung und die Anfänge des Schulwesens, sondern auch Erklärungen dafür, warum die Lehrer in vergangenen Tagen oft drakonische Strafen verteilten. Das ganze Programm kommt ohne pädagogischen Zeigefinger aus, was dem Hörgenuss sehr zugute kommt. “Kinder-Uni“, Hörverlag, je eine CD „Dinosaurier“ und „Witze“, je 14,95 Euro

Opa Dracula

Mit dem Gute-Nacht-Lied ist Opa Dracula sichtlich überfordert: Er scheitert ständig am 327. Takt – angeblich, so sagt er seinen beiden Enkeln, weil der sich ständig ändere. Die aber möchten doch soooo gerne vor dem Einschlafen etwas hören, aber die Geschichten von Opa – brillant in Szene gesetzt von Wolfgang Völz – sind alle schon mal dagewesen. Also besinnt man sich eines glorreichen Verwandten: Johann Sebastian Draculach. „Wir verdanken ihm die schönsten Vampirlieder, die es gibt“, so der allgemeine Tenor. Selbst Haustier Fiffi, ein zahmer Werwolf, scheint davon überzeugt. Also machen sich die beiden heimlich auf die Socken, um mittels Standuhr in die Vergangenheit zu fliegen und ihren berühmten Onkel aufzusuchen, auf dass er ihnen ein neues Lied schreibe.

Dabei landen sie allerdings auch bei Mozart, den sie zunächst auf ungewöhnliche Weise vor seinen damaligen Groupies retten – und der ihnen später dann eine kleine Einschlaf-Nachtmusik komponiert. Ein feines und hübsches Hörspiel. Allerdings ist es sehr gewagt, es auf dem Cover „Kindern ab 4 Jahren“ zu empfehlen. Für die nämlich ist es mit Sicherheit nicht geeignet, und als Gute-Nacht-Geschichte schon gar nicht. Eltern sollten reinhören, ob sie es ihren 7-Jährigen zumuten wollen – sonst findet anschließend niemand Schlaf, denn so ganz ohne Gruseln kommt Dracula schließlich nicht aus – selbst wenn er so nett interpretiert ist wie hier.

“Opa Dracula: Mozart“, Lübbe Audio, 7,95 Euro (auch erhältlich: Napoleon, Cäsar, Galilei u. a.).

Der Elbenstern

Das kleine Dorf wäre eigentlich kaum erwähnenswert. Das Leben dort unterscheidet sich kaum von dem in anderen kleinen Dörfern – gäbe es da nicht genau alle 24 Jahre ein großes Festessen für ausgewählte Kinder. Die Krönung: ein riesiger und wunderschöner Kuchen, für den sich der gerade amtierende Dorfkoch immer etwas ganz Besonderes einfallen lassen muss. Zu dumm, dass ausgerechnet einer der besten Meisterköche, den das Dorf je hatte, eines Tages seinen Rucksack schnürt und sich von dannen macht – zwar nur „auf Urlaub“, wie er sagt, aber er taucht niemals wieder auf. Ein Ersatz wird zwar gefunden, aber so richtig traut dem niemand zu – er selbst es sich übrigens auch nicht –, für das nächste große Kinderfest die außergewöhnlichen Zutaten für den standesgemäß außergewöhnlichen Kuchen zusammenzutragen.

Manche sehen da schon die traurigen Gesichter der Kleinen vor sich - wäre da nicht jener geheimnisvolle Küchenhelfer, den sich der jetzt verurlaubte frühere Meisterkoch eines Tages mit ins Dorf brachte. Kurzum: Der Kuchen wird ein voller Erfolg – und hat weit reichende Folgen für den Sohn des Schmiedes. Der nämlich verschluckt, ohne es zunächst zu merken, den eingebackenen magischen Elbenstern. Dadurch erlangt er die Fähigkeit, in das fantastische Elbenland zu wandern, wobei er bei einer dieser Gelegenheiten nicht nur dessen Königin kennen lernt, sondern eine ganze Reihe wundersame Abenteuer und Begegnungen erlebt. Begegnungen, die der Schauspieler Joachim Höppner auf bewegende Weise in Szene setzt.

J.R.R. Tolkien: „Der Elbenstern“. Gelesen von Joachim Höppner. Hörverlag, 1 CD, 9,95 Euro

reingehört von Katharina Jabrane, Maria Lesher, Andreas Lohse