Wenn es bei Tierschützern tierisch abgeht

Anfang November tritt die gesamte Führungsriege des Tierschutzvereins zurück. Kurz darauf stellt Präsident Apel Strafanzeige wegen Untreue und Unterschlagung. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe – den Tieren geht es gut

Zuerst die gute Nachricht: Die im Tierheim Falkensee untergebrachten 228 Hunde, 450 Katzen und 100 Kleintiere müssen unter den Streitigkeiten der Zweibeiner nicht leiden.

Die schlechte Nachricht: Die Zweibeiner schon.

Angefangen hat alles mit einem scheinbar ganz normalen Rücktritt. Auf der Vorstandssitzung des Tierschutzvereins am 6. November warf die gesamte Führungsriege das Handtuch: der 1. Vorsitzende Volker Wenk, seine Stellvertreterin Simone Mierheim, die Geschäftsführer Carola Ruff (nebenbei mit Wenk verheiratet) sowie Rainer Polle.

Damit ging eine Ära zu Ende. Carola Ruff hatte als eine Art Galionsfigur des Tierheims gegolten. Unter ihrer und Wenkes Führung stieg die Mitgliederzahl des Vereins vorübergehend auf 18.000. Nach dem Umzug des Tierheims nach Falkenberg ging es aber wieder bergab – 2.000 Mitglieder verließen den Verein.

Das hatte Konsequenzen. Der über Wenke stehende mächtige Vereinspräsident Wolfgang Apel rügte Wenkes rigiden Führungsstil. Deshalb habe man ihn zur Aussprache gebeten und ihm die Unzufriedenheit des Vorstands mitgeteilt. Wenkes schneller Rücktritt wurde vom Verein deshalb mit Erleichterung aufgenommen. Als kommissarische Nachfolgerin wurde Heidemarie Klingbeil eingesetzt.

Doch das war erst das Vorspiel. Wenige Tage später stellte Apel sogar Strafanzeige gegen seine ehemaligen Führungskräfte. Alle vier, so der Vorwurf, seien an Finanzmanipulationen beteiligt gewesen. Apel sprach von „Urkundenfälschung, Unterschlagung, Untreue und Betrug“ und meinte: „Es haben nachweislich strafbare Handlungen stattgefunden.“ Dem Verein sei ein Schaden in Höhe von 600.000 Euro entstanden.

Konkreter wollte der Tiervereinsboss zunächst aber nicht werden. Erst am 15. November sickerte durch, dass es unter anderem um Unregelmäßigkeiten bei Gehaltszahlungen gegangen sein soll. Laut Insidern habe es eine schwarze Gehaltskasse gegeben, aus der der Vorsitzende Wenk seinem Geschäftsführer Polle Teile von dessen Gehalt in bar ausbezahlt haben soll. Wenk hatte den damaligen Wirtschaftsstadtrat Polle erst vier Monate zuvor eingestellt. Die beiden kannten sich seit Jahren.

Ex-Geschäftsführer Polle wies die Vorwürfe ebenso wie die drei anderen Beschuldigten zurück. Es habe keine schwarze Kasse gegeben, so Polle. „Das ist absolut hanebüchen.“ Auch Wenk bestritt, Geld unter der Hand an Polle gezahlt zu haben. Inzwischen ziehen es alle Beteiligten mit Verweis auf das laufende juristische Verfahren vor, zu schweigen. Sollten die Vorwürfe sich als berechtigt herausstellen, drohen den Beschuldigten Haftstrafen von bis zu zehn Jahren. Bis zur juristischen Klärung können allerdings noch Monate vergehen.

Mittlerweile scheint zumindest geklärt, dass keine Steuergelder veruntreut wurden, sondern nur Spenden und Mitgliedsbeiträge. Kurzzeitig war der Verdacht aufgekommen, die Tiersammelstelle, die dem Land gehört, sei möglicherweise ebenfalls von Betrug und Untreue betroffen. Das Bezirksamt Lichtenberg konnte aber keine Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Tiersammelstelle feststellen. OLIVER MARQUART