montagskolumne: meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens
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Wenn ich mit Politikern, Künstlern oder Wissenschaftlern ein Hintergrundgespräch zur Lage der Nation im Spiegel meines Wissens führe, führe ich sie gern in ein Lokal meiner Wahl aus. In Berlin Mitte gelegen, führt dieses Restaurant außergewöhnliche, außerordentliche und außerplanmäßige Fleischgerichte: Krokodil, Känguru und Koala. Mit Blick auf die Speisekarte und um die Atmosphäre aufzulockern, lasse ich dann immer den gleichen, aber wirkungsvollen Scherz über meine vollen, vom ersten Bordeaux rot benetzten Lippen ans Ohr meines Gegenübers dringen: „Ich esse ja am liebsten Zahnfleisch.“ Schon 1968, als ich leider noch zu den Linken gehörte, kam dieser zutiefst berührende Witz gut an. Damals war auch ich Tierschützer und kämpfte als blutjunger Hungerstreikbrecher für die Rechte von Kamerad Schwein, Rind und Huhn. Heute habe ich ein äußerst entspanntes Verhältnis zum Animalischen: Solange es und nicht ich auf dem Teller landet, sind wir gute Freunde, und zwar für unser ganzes Leben.

Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Folge.