Kölner CDU in bester Amateurmanier

Weil zwei Fraktionsmitglieder bei der Ratssitzung fehlen, bringt sich die CDU selbst um Aufsichtsratsposten. Kämmerer prophezeit weitere Haushaltslöcher und nennt als mögliches Gegenmittel erstmals Erhöhung der Gewerbesteuer

KÖLN taz ■ Der Kölner CDU-Fraktion schien erst im Laufe der Ratssitzung zu dämmern, in welches Dilemma sie ungebremst hinein schlitterte: Zwei ihrer Mitglieder auf Reisen anstatt im Ratssaal und die hauchdünne Mehrheit war am Donnerstag Abend futsch. Die anderen Parteien nutzten die Gunst der Stunde: So setzte die SPD in der gemeinsamen Listenverbindung zur Aufsichtsratswahl ihre Kandidaten auf aussichtsreiche Positionen. Die Grünen taten sich mit der FDP, dem Bürgerbündnis und der PDS zu einer zweiten Liste zusammen und konnten durch diesen strategischen Schachzug genauso wie die FDP Aufsichtsratsmandate erringen.

„Das erste Mal in der Geschichte der Kölner Grünen haben wir einen Vertreter im Flughafen-Aufsichtsrat“, jubelte der grüne Fraktionsvize Jörg Frank. Neben ihm ziehen Martin Börschel von der SPD und für die Stadtverwaltung Kämmerer Peter Michael Soénius in das dreiköpfige Kontrollgremium. Die CDU, die ihren Kölner Fraktionsvorsitzenden Walter Reinarz in dem wichtigen Aufsichtsrat sehen wollte, geht leer aus.

Hinter vorgehaltener Hand wurde schon die Autorität des CDU-Fraktionchefs Herbert Gey angezweifelt: Unter alter Führung habe es so etwas nicht gegeben, hieß es. „Da sind die Leute zu wichtigen Abstimmungen oder Wahlen sogar aus dem Krankenhaus geholt worden.“

Nachdem Soénius den Doppelhaushalt für die Jahre 2005 und 2006 eingebracht hatte, wurde auch dem letzten Ratsmitglied klar, dass der finanzielle Gestaltungsspielraum für die Politik in der frischen Legislaturperiode äußerst gering ausfällt. Der Kämmerer nannte die Haushaltslage nicht länger dramatisch, sondern beschrieb sie als katastrophal. Der Haushaltsplan-Entwurf prognostiziert bis zum Jahr 2008 eine Finanzlücke von über 750 Millionen Euro.

Arbeitsgruppen sollen bis zum Jahresende Sparvorschläge entwickeln, um einen drohenden Nothaushalt abzuwenden. Nach Worten des Kämmerers werde es dabei keine Tabus geben. So müsse geprüft werden, ob Beitragserhöhungen, die Veräußerung städtischen Vermögens und als letztes Mittel sogar die Erhöhung der Gewerbesteuer die Finanzlage verbessern könnten. WOLFGANG JORZIK