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: Salt Lake City nutzt konsequent sein Heimrecht

Mit dem Freispruch für die Olympiabewerber Welch und Johnson ist der Bestechungsskandal in Utah endgültig am Ende

Wenn Juan Antonio Samaranch in diesen Tagen nachliest, was sich in Salt Lake City tut, dürfte der ehemalige IOC-Präsident von Herzen bedauern, dass er damals im Jahre 1999 den Kanadier Richard Pound mit der Aufklärung des Bestechungsskandals betraute und nicht den Richter David Sam aus Utah. Der nämlich sprach jetzt die beiden Hauptverantwortlichen des Skandals, Tom Welch und David Johnson, von jeder Schuld frei. Ihr Handeln erfülle „nicht den rechtlichen Tatbestand der Bestechung“. Doch damit nicht genug: Der Richter, der das Verfahren im Jahr 2001 schon einmal eingestellt hatte, überschüttete die Angeklagten förmlich mit Lobhudeleien und hackte ausgiebig auf den Anklagevertretern herum, welche die Geschenke und Geldspenden an korrupte IOC-Vertreter in Höhe von einer Million Dollar als kriminellen Akt ansahen.

Selbst die örtliche Deseret News kam angesichts der einseitigen Prozessführung in Salt Lake City nicht um den Begriff „Hometowning“ herum. Nahezu alle Beteiligten zeigten sich entschlossen, keinen weiteren Schatten auf ihr geliebtes Utah fallen zu lassen. Sogar die Zeugen der Anklage trugen freudig zur Entlastung der Beschuldigten bei und winkten ihnen freundlich zu. Richter Sam machte keinen Hehl aus seinem Unmut über die erneute Anklage, schnitt den Strafverfolgern mehrfach mitten in der Beweisführung das Wort ab und beendete Zeugenvernehmungen vorzeitig.

Allerdings traten die Ankläger auch dilettantisch auf und taten sich überaus schwer, den kriminellen Charakter der milden Gaben an die Olympier und vor allem die alleinige Verantwortung von Welch und Johnson für die Vorgänge nachzuweisen. Was früher vehement bestritten wurde, wirkte jetzt entlastend: Die beiden handelten offenbar keineswegs isoliert, sondern als Teil einer breiten Olympialobby in Stadt und Staat.

Dies honorierte nun Richter Sam, indem er „jede kriminelle Absicht und jeglichen bösen Willen“ seitens Welch und Johnson negierte, sowie mitfühlend bedauerte, dass die beiden der Möglichkeit beraubt worden wären, „die Früchte ihrer unermüdlichen Anstrengungen zu ernten, Olympia nach Utah zu holen“. Das ging sogar Erik Luna, Rechtsprofessor an der Universität von Utah, zu weit. Der Freispruch bedeute gewiss kein „Daumen-hoch für das zugrunde liegende Verhalten. Es gibt kein Verbrechen, aber eine Menge unmoralisches und unverantwortliches Benehmen.“ MATTI LIESKE