Frauen bereichern Banken

Firmen, Verbände und Freiberufler spezialisieren sich in NRW auf die Geldanlage- und Vorsorgeberatung von Frauen für Frauen. Aus Sorge über die Kürzungen von Hartz IV informieren sich mehr Frauen über Möglichkeiten der privaten Vorsorge

von Salvio Incorvaia

Aus Angst vor Hartz IV setzen immer mehr Frauen auf private Vorsorge und individuelle Beratung. Spezielle Anlage-Gespräche von Frauen für Frauen erleben dabei einen besonderen Boom. Die junge Branche kommt derzeit auch in NRW nicht zur Ruhe.

„Die Diskriminierung von Frauen wird mit Hartz IV verschärft und die Altersarmut nimmt beträchtlich zu“, warnt Anlageexpertin Heide Härtel-Herrmann vom „Verband der Finanzfachfrauen“. Die Ursache dafür läge in der geringen Höhe des Schonvermögens für die Altersvorsorge.

Immer mehr Frauen in NRW suchen deshalb freie Finanzberaterinnen auf. Nach Ansicht der Finanzfachfrauen benötigen Frauen einen höheren Rentenausgleich durch eine private Vorsorge und eine spezielle Anlageberatung. Auch Härtel-Herrmann bietet in ihrer Kölner Firma „Frauenfinanzdienst“ diese spezielle Anlageberatung von Frauen für Frauen an. In ihrem Büro ist gerade in den letzten Wochen dieses Jahres der Andrang besonders gestiegen.

So kommen derzeit wegen der bevorstehenden Hartz IV-Reformen viele Anfragen nach einem Beratungsgespräch. Bei längerer Arbeitslosigkeit müssen ab 2005 die finanziellen Reserven für das Alter aufgezehrt werden. Der Freibetrag von 200 Euro je Lebensjahr ist nach Ansicht der Anlageexpertinnen vom Verband Finanzfachfrauen zu niedrig. Die Anstrengungen vieler Frauen nach wirtschaftlicher Selbstständigkeit würden somit zunichte gemacht.

So nimmt das Interesse an spezifischen Beratungen für Frauen in NRW weiter zu. Bücher und Broschüren mit Finanztipps werden bei Läden und Verbänden nachgefragt. Volkshochschulen bieten inzwischen Frauen-Finanz-Seminare an. Banken, Sparkassen und Versicherungen haben mit Angeboten nachgezogen.

Die Netzwerke zwischen Anlegerinnen, Anlageberaterinnennen und Unternehmerinnen werden enger geknüpft. Neben Zusammenschlüssen wie dem „Bundesverband unabhängiger Finanzdienstleisterinnen“ bieten immer mehr freiberufliche Expertinnen ihre Dienste an, mit Erfolg: Emanzipiert, selbstbewusst, gut ausgebildet und meist berufstätig – so beschreibt Anlageexpertin Heide Härtel-Herrmann ihr weiter anwachsendes Klientel. Die Anlageberaterin berät bei Kapitalinvestitionen und Altersvorsorge. Ihren „Frauenfinanzdienst“ führt die Diplom- und Finanzökonomin seit mittlerweile 18 Jahren – nicht ohne Grund: Bei Anlageberatungen sind die Bedürfnisse von Mann und Frau unterschiedlich. So zögern noch viele Frauen, ihr Kapital zu investieren. Das höhere Risiko an der Börse schrecke viele Frauen noch immer ab. So hält sich die Mehrzahl besonders bei Aktiengeschäften zurück. Gefragt seien dagegen Versicherungen und geschlossene Fonds. Nach aktuellen Studien fühlen sich viele Frauen aller Altersgruppen bei Finanzangelegenheiten unsicherer als Männer. Demgegenüber sind die wenigen Frauen an der Börse erfolgreicher als Männer.

Die Angebote des Anlage-Marktes werden bei vielen Frauen mit Vorsicht genossen. „Bei Produktentwicklung und herkömmlichen Beratungen fehlt die Flexibilität bei der Beitragszahlung“, sagt Härtel-Herrmann. So werde die bisherige Kapitallebensversicherung von vielen Frauen starr gehalten, um auf die unterbrochenen Erwerbsbiografien zu reagieren. Im Laufe der nächsten Jahre werden flexiblere Produkte gebraucht, auch für männliche Arbeitgeber.

„Eine Frau muss bei einer Expertin nicht erklären, warum sie einen hohen Monatsbeitrag in eine private Rentenversicherung scheue“, sagt Härtel-Herrmann. Mit Babypause oder vorübergehender Halbtagstätigkeit und verminderten Einnahmen werden die Anlageexpertinnen täglich konfrontiert. Frauenberaterinnen sind für solche Schwierigkeiten sensibilisierter.

Auch bei den Produkten haben Frauen besondere Ansprüche. Viele bevorzugen ökologisch orientierte Mischfonds und andere nachhaltige Anlagen.

Das Netzwerk ‚Finanzfachfrauen‘ will seine Tätigkeit weiter ausbauen und sich auch bundesweit intensiver um die Belange der Anlegerinnen kümmern: „Wir müssen versuchen, ihre Bedürfnisse herauszubekommen und individuell auf die Kundinnen eingehen“, sagt Härtel-Herrmann. Sie können sich besser in eine Frau hineinversetzen als männliche Kollegen. Männerfreie Zonen sind die Frauenberatungen in NRW jedoch nicht. Oft bringen Klientinnen Ehemann oder Bruder mit.