Jedes 6. Kind lernt nicht lesen

UN-Kinderhilfswerk beklagt im Bericht zur Situation der Kinder in der Welt, dass 121 Millionen Kinder keine Schule besuchen. Unesco bemängelt Bildung in Deutschland

BERLIN afp/ap/dpa ■ Im Zeitalter des Internet hat jedes 6. Kind auf der Welt nicht die Chance, lesen und schreiben zu lernen. 121 Millionen Kinder im Grundschulalter gehen nicht zur Schule, weil ihre Familien zu arm, die Schulen überfüllt oder zu weit entfernt sind, heißt es im Jahresbericht des UN-Kinderhilfswerks Unicef „Zur Situation der Kinder in der Welt 2004“. Nach wie vor seien Mädchen bei der Bildung benachteiligt: 65 Millionen haben nicht die Gelegenheit, in die Grundschule zu gehen. 2002 kamen auf 100 eingeschulte Jungen 92 Mädchen.

Dies bedeute, dass viele Mädchen in Armut leben müssten, bei der Geburt ihrer Kinder oder an Aids stürben und sich dieser Teufelskreis von Generation zu Generation fortsetze, erklärte Unicef-Direktorin Carol Bellamy. Sie sieht das größte Hindernis für den Schulbesuch von Mädchen in den Gebühren, da arme Familien, wenn überhaupt, einem Sohn die Schule finanzierten. „Dabei wird vielerorts genauso viel dafür ausgegeben, die Gebühren einzutreiben, wie diese einbringen.“ Deshalb fordert Unicef, weltweit Schulgebühren abzuschaffen und massiv in die Grundbildung zu investieren.

Besonders Besorgnis erregend ist die Situation in Afrika. Dort stieg die Zahl der nicht eingeschulten Kinder im letzten Jahrzehnt sogar an. 2002 waren südlich der Sahara 45 Millionen Kinder im Grundschulalter nicht eingeschult, im Jahr 1990 waren es 41 Millionen.

Auch in Deutschland ist die Lage nach dem jüngsten Unesco-Weltbericht „Bildung für alle“ nicht rosig: Bei der Bildung von Kindern und Jugendlichen gebe es große Mängel. Die Bundesrepublik verfüge nicht über eine geregelte Vorschulbildung. Das wirke sich besonders negativ für Kinder aus sozial schwachen Familien sowie für ausländischstämmige Kinder aus, kritisiert die UN-Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur. Lediglich 53 Prozent der Dreijährigen und 78 Prozent der Vierjährigen besuchten einen Kindergarten. Mehr als zehn Prozent der Schulanfänger seien in keiner vorschulischen Einrichtung gewesen. Auch die fehlende Chancengleichheit für Jugendliche wird bemängelt. Da die Halbtagsschule dominiere, könnten Problemfälle und elterliche Defizite kaum aufgefangen werden.