Kitaausbau geht schleppend

BETREUUNG Die Länder haben erst einen winzigen Bruchteil der vom Bund für den Kitaausbau bereitgestellten Mittel abgerufen. Grüne: 50.000 ErzieherInnen fehlen

AUS BERLIN NICOLE JANZ

In Sachsen-Anhalt können Eltern Beruf und Familie offensichtlich am leichtesten vereinbaren. Mehr als die Hälfte der Kinder unter drei Jahren haben dort einen Platz in einer Kita oder werden von Tagesmüttern betreut. Das ergab ein bundesweiter Vergleich des Statistischen Bundesamts, der am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Die Betreuungsquote der unter Dreijährigen liegt 2008 in ganz Deutschland durchschnittlich bei 17,6 Prozent – zwei Prozentpunkte über dem Vorjahr. Die Bundesregierung hat allerdings die Zielmarke von 35 Prozent bis 2013 gesetzt.

Bisher ist das Ziel nur in einem Fünftel aller Landkreise erreicht. Hierzu zählen Berlin mit 40 Prozent und 88 ostdeutsche Kreise, so das Statistische Bundesamt. Westdeutschland hinkt beim Kitaausbau weiter hinterher. Einzig die Stadt Heidelberg erreichte die 35-Prozent-Marke. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind sogar nur rund 9 Prozent der Kinder unter drei Jahren in Kitas oder bei Tagespflegepersonen.

Der Familienminister Nordrhein-Westfalens, Armin Laschet (CDU), sagte zur taz: „Wir haben einen schnellen Ausbauprozess mit einem neuen Kinderbildungsgesetz begonnen, das seit 1. August 2008 gilt.“ Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes stammten vom März 2008 und könnten das nicht berücksichtigen. Ab August 2009 werde man „86.000 Plätze haben, was 19 Prozent entspricht“.

Auch im Kultusministerium in Niedersachsen möchte man kein Schlusslicht sein. Ministeriumssprecher Andreas Krischat sagte: „Wir sind von einem relativ niedrigen Niveau des Betreuungsstands gestartet.“ Im Moment würden „jeden Monat 300 neue Kitaplätze von den Kommunen geschaffen“.

Die Kommunen sind indes die Hauptträger des Kitaausbaus – und kommen den ehrgeizigen Zielen der Bundesregierung kaum nach. Sie müssen die Mittel zunächst bei den Ländern bewilligen lassen – und erst bei Fälligkeit der Zahlung, etwa wenn eine Kita fertig gebaut wurde, kann Zuschussgeld beim Bund abgerufen werden. Bisher haben die Länder erst 107 Millionen Euro von den bereitgestellten 2,15 Milliarden Euro erhalten, teilte das Bundesfamilienministerium auf Anfrage der taz mit.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Stephan Articus, forderte deswegen „ein stärkeres Engagement“ der Länder selbst. Für die Städte habe der Kitaausbau „sehr hohe Priorität“. Die Länder müssten das Geld des Bundes für die Betriebskosten uneingeschränkt an Kommunen weitergeben und durch eigene Mittel ergänzen.

Die grüne Familienpolitikerin Ekin Deligöz sagte: „Die Regierung ist beim Kitaausbau zu untätig. Deswegen geht es nur im Schneckentempo voran.“ Der Bedarf an guten Betreuungsplätzen werde in Zukunft sogar noch steigen. Dafür fehlten aber mindestens 50.000 ErzieherInnen. „Der Beruf muss unbedingt besser bezahlt werden.“