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: Von heldenhaftem Konzept- und konzeptionellem Heldenfußball

Unserem hoch geschätzten Kolumnisten Christoph Biermann sei Dank, verfügt die sich nun doch langsam dem Ende entgegenneigende Hin-Serie nicht nur und wie jedes Jahr über eine Mannschaft sowie einen Trainer der Vorrunde (die Sieger werden am Samstag in der taz ermittelt), sondern auch über ihre ganz besondere Begrifflichkeit. Um das Phänomen der in dieser Saison ungewöhnlich stark aufspielenden Aufsteiger zu erklären, hat Biermann die Begriffe „Heldenfußball“ sowie „Konzeptfußball“ in einen Aufsatz eingewoben. Und siehe da: Fortan verwendete jeder Fußballschreiber im Land, der auch nur ein bisschen was auf sich hält, Biermanns Worte (Journalismus, auch der im Sport, funktioniert so). Wobei Biermann selbst äußersten Wert darauf legt, dass gar nicht er es war, der die Begriffe gerade eben erfunden hat, sondern die Fachwelt vor knapp zehn Jahren von dem Fußballlehrer Volker Finke damit beschenkt wurde, der so das damals noch bestehende Freiburger Modell zu erklären trachtete.

Im Prinzip trennte und trennt das Prinzip vom Helden- und Konzeptfußball den Fußball in zwei Teile: einen schlechten und einen guten. Schlecht sind, wie überall auf der Welt, jene, die zu viel Geld haben, sich dafür jede Menge teure Spieler, also Helden, kaufen – und nur deswegen gewinnen. Im Umkehrschluss sind all jene gut, die arm sind wie Kirchenmäuse, sich nur minderbegabte Spieler leisten können und trotzdem einen ganz passablen Fußball aufführen – eben weil sie einen Trainer haben wie Herrn F., der ihnen ein ganz besonderes Konzept (vulgo: Taktik) mit auf den Weg gibt. Die Fußballwelt, so könnte man somit sagen, ist dank Volker Finke wohl geordnet.

Allein: So schwarz-weiß wie früher noch der Ball ist sie nicht, wie ein paar Beispiele leicht belegen: Arminia Bielefeld etwa war vor der Saison in der Tat eine Mannschaft ohne Held. Dann hat Delron Buckley zehn Tore geschossen – und plötzlich hatte Trainer Uwe Rapolder das Problem, einen Helden in der Mannschaft zu haben und den auch noch in sein Konzept einbauen zu müssen. Oder, umgekehrt: Schalke 04. Hat in den letzten Jahren, zumindest für Bundesligaverhältnisse, eine ganz schöne Masse Held angehäuft, Krstajic zum Beispiel, oder Bordon oder Asamoah und natürlich Ailton, oh ja, vor allem den dicken Toni. Begonnen zu gewinnen haben all die Helden freilich erst, als Ralf Rangnick ihnen das passende Konzept hierfür nachgeliefert hatte.

Was heißen soll: Im Prinzip taugt weder der Helden- noch der Konzeptfußball in Reinform, sondern nur die gesunde Kombination aus beidem, also der heldenhafte Konzept- beziehungsweise der konzeptionelle Heldenfußball. Paradebeispiel hierfür sind übrigens die Münchner Bayern, wo Trainer Felix Magath ohnehin stets beides parat haben muss: die Helden für die Bundesliga – das Konzept für die Champions League. Das Negativbeispiel dazu bietet ausgerechnet Volker Finke. Der SC Freiburg hat derzeit weder Helden noch ein Konzept. FRANK KETTERER