Lehrern schmeckt „Einheitsbrei“

Schulministerin Ute Schäfer kann sich trotz des schwachen Ergebnisses bei PISA II nicht zu einem Systemwechsel in der Schulpolitik durchringen. GEW und VBE fordern umfassende Reformen

VON ULLA JASPER

Trotz des schlechten Abschneidens deutscher SchülerInnen bei der zweiten PISA-Studie hält Schulministerin Ute Schäfer (SPD) an ihrem zaghaften Reformkurs des dreigliedrigen Schulsystems fest.

Zwar seien auch die Ergebnisse der zweiten Studie nach 2001 nicht zufrieden stellend, sie „bieten aber angesichts der festzustellenden Verbesserungen Anlass zu verhaltener Zuversicht“, so Schäfer gestern in Düsseldorf. Die Ministerin wies die Kritik zurück, die eingeleiteten Reformen seien unzureichend: „Was wir in NRW derzeit vollziehen, ist nicht mehr und nicht weniger als eine grundlegende Neuausrichtung unseres Bildungssystems.“

Schäfer sprach sich ausdrücklich dagegen aus, die Debatte um die dreigliedrige Schulstruktur in den Vordergrund zu stellen. Ein Bekenntnis zur Gemeinschaftsschule, wie vom grünen Koalitionspartner in Düsseldorf schon lange gefordert, blieb erneut aus. „Wer glaubt, man müsse nur die Strukturen ändern, um zu besseren Ergebnissen zu kommen, der liegt ganz sicher falsch“, sagte die Schulministerin. Statt dessen habe man durch die Einführung der vorschulischen Sprachförderung, offene Ganztagsangebote an Grundschulen sowie regelmäßige Lernstandserhebungen und zentrale Abschlussprüfungen „die Grundlagen für ein modernes Bildungssystem gelegt“.

Beim grünen Koalitionspartner bewertet man die Studie anders. PISA bestätige die grüne Forderung nach Einführung einer „gemeinsamen Schule der Vielfalt“, so die Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin Sylvia Löhrmann. Die notwendige individuelle Förderung sei im gegliederten Schulsystem nicht zu leisten.

Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) widersprach der Einschätzung Schäfers. „Wir beschäftigen uns mit kosmetischen Maßnahmen, statt durchgreifende Reformen anzugehen“, erklärte der VBE-Landesvorsitzende Udo Beckmann. So habe die offene Ganztagsgrundschule bisher nicht zu mehr Unterricht, sondern nur zu mehr Betreuung geführt.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte die Landesregierung unterdessen auf, ein Sofort-Förderprogramm für benachteiligte SchülerInnen einzurichten und die Sprachförderung durch zusätzlichen Unterricht auszuweiten. „Wir brauchen mehr Zeit für Kinder und Jugendliche, dazu muss die Einsparung von 4.000 Lehrerstellen rückgängig gemacht werden“, so Andreas Meyer-Lauber, Landesvorsitzender der GEW in NRW.

Auch die Opposition führt das schlechte Abschneiden der Schüler bei PISA II auf fehlende Investitionen in der Bildungspolitik zurück: „Jede Schule kann ihren Bildungsauftrag nicht erfüllen, wenn Lehrer fehlen“, so der FDP-Fraktionsvorsitzende Ingo Wolf etwas umständlich. Von der Gemeinschaftsschule wollen CDU und FDP jedoch nichts wissen: „Einheitsbrei führt zu schlechten Ergebnissen“, so Wolf. Bei der GEW stößt diese Einschätzung nur auf Kopfschütteln. „Die Kampagne der NRW-CDU und konservativer Kräfte zum Erhalt des überkommenen, gegliederten Schulsystems geht nun völlig an der Wirklichkeit vorbei“, so Meyer-Lauber.