montagskolumne: meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens
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Jeder Tod ist auch ein kleiner Abschied, wie der französische Philosoph J. R. Camus sagte, der mich genauso prägte wie Bardot, Bordeaux und Baguette. Schon 1968, als ich leider noch zu den Linken gehörte, war ich mir sicher, eines Tages Au revoir, Auf Wiedersehen und Good bye sagen zu müssen. Damals dachte ich an einen großen Knall, den ich erzeugen würde. Wie Herostrat, der alte Römer, wollte ich mich brennend in eine Schlucht des Grand Canyon stürzen oder mich, nackt angekettet an das Frankfurter Goethe-Denkmal, von der umstürzenden Statue des Dichterfürsten erschlagen lassen. Alles nur, um die Welt mit der Nase auf die Ungerechtigkeit des Seins zu stoßen. Doch heute lebe ich auf der anderen Seite der Medaille, bin weiser, stiller, ruhiger im Umgang mit meinen Ideen, Visionen und Utopien geworden. Ich persönlich hätte zwar nichts dagegen, die Welt zu retten, aber wir alle brauchen mehr Stille, Schweigen und Stillschweigen. Leise trete ich ab, weg und zurück: Tschüssikowski – bis zum nächsten Montag.

Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider sehr häufiger Folge.