Administrative Absurdität

Kurz bevor zwei ihrer Kinder Abschlussprüfungen haben, soll Familie M. nach Bosnien abgeschoben werden

Kaum vorweihnachtlich ist die Stimmung der Geschwister Enver und Zehra M. in diesem Jahr: Noch im Dezember sollen sie mit ihrer Familie abgeschoben werden – obwohl die 22-jährige Zehra im Juni ihr Abitur machen will und der 20-jährige Enver seinen Abschluss im Technischen Zeichnen an der Staatlichen Gewerbeschule für Metalltechnik.

Diese Absurdität wollen seine Klassenkameraden verhindern. Bei Mitschülern und Lehrern haben sie Unterschriften gesammelt, die sie gestern dem zuständigen Sachbearbeiter in der Ausländerbehörde übergeben wollten (siehe Foto). Dieser verweigerte aber, die Schüler zu empfangen und ließ an den Pressesprecher verweisen.

Familie M. floh 1992 aus Ex-Jugoslawien, da sie als Angehörige der Sandzak-Minderheit von staatlicher Verfolgung bedroht waren. Offiziell gilt die Region inzwischen als ausreichend befriedet, um dorthin abschieben zu können, die Familie selbst befürchtet jedoch Folter.

„Dass die Ausländerbehörde kurz vor Inkrafttreten des neuen Zuwanderungsgesetzes noch schnell möglichst viele Leute loswerden will und dabei mit besonderer Härte vorgeht“, vermutet die GAL-Fraktionsvorsitzende Christa Goetsch, die zu diesem Thema eine Anfrage an den Senat gestellt hat.

Ende Januar ist ein weiterer Klassenkamerad Envers von Abschiebung bedroht. Auch er würde im Sommer seinen Abschluss machen. Jetzt will die Klasse wieder gemeinsam kämpfen.cs/Foto: Henning Scholz