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UNI-KONFLIKT Der gewählte Dekan für Geisteswissenschaften muss noch von der Uni-Präsidentin bestätigt werden. Die soll das aber schon im Vorfeld ausgeschlossen haben

Das Präsidium machte der Findungskommission deutlich, dass es den Kandidaten nicht bestätigen werde

VON MICHAEL DREISIGACKER

Die Sitzung dauerte länger als geplant, aber am Ende stand die Entscheidung: Hans-Martin Gutmann soll neuer Dekan der Fakultät für Geisteswissenschaften an der Hamburger Uni werden. Der Fakultätsrat hatte sich am späten Mittwochnachmittag einstimmig dafür entschieden. Nun muss noch das Präsidium der Uni zustimmen.

Dies gilt allerdings als ungewiss. Denn der Gewählte bewegt sich inhaltlich auf Konfrontationskurs mit der Präsidentin Monika Auweter-Kurtz. In seinem Bewerbungsschreiben profiliert sich der Theologe als Anhänger des humboldtschen Wissenschaftsideals. Er möchte die demokratische Entscheidungsstruktur stärken und bemängelt deutlich die Politik der Zentralisierung und Ökonomisierung, die seit dem Amtsantritt von Auweter-Kurtz vorangetrieben wird. Ebenso will Gutmann die neuen Bachelor-Studiengänge einer Prüfung unterziehen.

Wie aus einem der taz vorliegenden Papier aus dem Fakultätsrat hervorgeht, hatte Auweter-Kurtz schon im Vorfeld versucht, die Wahl Gutmanns zu verhindern. Nachdem sich eine eingesetzte Findungskommission mit großer Mehrheit für den Theologen aussprach, soll die Präsidentin in einem Gespräch deutlich gemacht haben, dass sie den Kandidaten nicht bestätigen werde. Sie bevorzuge eine Professorin, die wie sie aus Baden-Württemberg kommt. In der Findungskommission, an deren Sitzungen auch Auweter-Kurtz teilnahm, hatte die externe Kandidatin die Mehrheit weit verfehlt. Kurz vor der Wahl am Mittwoch zog sie ihre Kandidatur zurück.

In dem Papier heißt es weiter, Auweter-Kurtz habe nach Bekanntwerden des Kommissionsergebnisses mitgeteilt, die Fakultät müsse der Uni-Leitung 1,4 Millionen Euro zurückzahlen. „Diese Summe kam aus heiterem Himmel“, heißt es aus dem Fakultätsrat. Das Präsidium habe versucht, mit diesem „Schreckgespenst“ die Einheit der Fakultät zu beschädigen, so die Vermutung. Als Reaktion auf die Forderung habe die von Auweter-Kurtz eingesetzte Übergangs-Dekanin bereits angeordnet, Stellen zu benennen, die gestrichen werden können.

„Nötigung“, nennt das ein Mitglied des Fakultätsrats. Nachdem die Präsidentin vor zwei Jahren alle Mitarbeiter anwies, Presse-Anfragen nur noch nach Abstimmung mit dem Präsidium zu beantworten, scheint ein regelrechtes Klima der Angst an der Uni zu herrschen. Das Fakultätsmitglied meldet sich nur über einen Kontaktmann und mit unterdrückter Nummer. Es sei „verheerend“ für das Demokratieverständnis junger Menschen, wenn Basis-Entscheidungen ignoriert würden und von oben signalisiert werde, „man hat eh’ nichts zu melden“, sagt das Mitglied.

Der Fakultätsrat, dem Studierende, Professoren und sonstige Mitarbeiter angehören, ist das letzte verbliebene Gremium, in dem Studenten in den Fakultäten mitentscheiden dürfen. Die Fachbereichsräte existieren seit dem Inkrafttreten des letzten Hochschulgesetzes nicht mehr.

Für die Bestätigung Gutmanns ist dem Präsidium keine Frist gesetzt. Der Gewählte selbst hofft, dass bald eine Entscheidung fallen wird, geht aber nicht davon aus. „Die werden das aussitzen“, sagt Gutmann. Bestätigt die Präsidentin den gewählten Dekan nicht bis Oktober, kann sie einen weiteren Übergangs-Dekan einsetzen. Weder vom Präsidium noch von der Pressestelle der Uni war am Freitag eine Stellungnahme zu erhalten. Laufende Verfahren könne man nicht kommentieren, hieß es.