Ein Radio von Welt

WELTMUSIK-WELLE Das WDR-Funkhaus Europa feiert sein zehnjähriges Jubiläum. Es spiegelt ein Lebensgefühl, das Einheimische und Zugewanderte verbindet

Mit internationalen Stargästen wie der afrobelgischen Vokalartistin Zap Mama (Foto), der jamaikanischen Dancehall-Queen Ce’Cile, dem Elektro-Mambo von Senor Coconut und Lokalmatadoren wie der Schäl Sick Brass Band feierte das WDR-Funkhaus Europa am vergangenen Wochenende in Mülheim an der Ruhr standesgemäß ein rauschendes Geburtstagsfest. Es präsentierte sich damit einmal mehr als Radio von Welt.

Seit der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) sein „Radio Multikulti“ zum Ende des vergangenen Jahres in einem Akt der Selbstamputation abgeschaltet hat, steht die WDR-Welle allein auf weiter Flur – einzigartig nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Sein Monopol konnte der Sender noch ausbauen, ist er jetzt doch nicht nur, wie bisher, in Nordrhein-Westfalen und Bremen, sondern auch in Berlin zu empfangen.

Eine Schlüsselrolle bei Funkhaus Europa spielt die Musik: vom Revival kubanischer Son-Klassiker bis zu geschmeidigem Electro-Tango, von rumpelndem südafrikanischen Kwaito-House bis zu pumpendem karibischen Reggeaton, vom leichtfüßigen Mestizo-Dub eines Manu Chao bis zu Bollywood-Filmsongs – was heute populär ist, war zuerst auf Funkhaus Europa zu entdecken.

Der WDR-Sender ist damit nicht nur ein wichtiger Trendscout, der heute schon spielt, was morgen der neue Mainstream ist. Mit seiner Musikauswahl spiegelt er auch ein urbanes Lebensgefühl, das Zugewanderte aus aller Welt und weltoffene Einheimische verbindet. Denn die gesellschaftliche Integration, von der heute so oft sorgenvoll die Rede ist, wird im hybriden Sound der Metropolen schon lange vorweggenommen.

Für viele Zugewanderte vor Ort ist der WDR-Sender darum längst eine Institution geworden – sei es als Sprachrohr und Forum für die diversen Einwanderer-Communitys, sei es als Veranstalter von Konzerten und Events wie dem Balkanfestival „Mi Plesemo“, der Partyreihe „Global Player“ oder dem ersten deutschen Ramadanfest in der Kölner Philharmonie. Welcher andere Radiosender kann von sich behaupten, derart auf die Bedürfnisse der türkisch-, griechisch- oder russischstämmigen Gebührenzahler einzugehen wie das Funkhaus Europa?

Aber auch für viele Musiker und Bands in Deutschland ist der Sender längst eine unverzichtbare Stütze geworden, weil er in viele Subszenen hinein wirkt, zur Popularisierung neuer Trends beiträgt und so manche Karriere befördert hat. Wie sehr Funkhaus Europa die deutsche Musikszene mit geprägt hat, das zeigen Künstler wie Patrice, Seeed, Culcha Candela oder die 17 Hippies, die allesamt zuerst dort zu hören waren.

Global hören, lokal handeln – so formuliert der umtriebige Musikredakteur und Tausendsassa Francis Gay das Motto seines Senders. In diesem Sinne sind dem einzig wahren Integrationssender noch viele weitere Jahrzehnte zu wünschen. DB