berliner szenen Falsch fahren

Korrekt kassieren

Ich traf G. in seinem Büro vor einer riesigen Straßenkarte von Berlin. Er strahlte: „Mein Riecher hat mich nicht getäuscht, gerade habe ich’s aus dem Wirtschaftsressort erfahren. In Berlin werden die Bußgelder bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung in Zukunft von privat eingezogen. Gegen eine Garantiesumme kann man bei Übertretungen auf eigene Rechnung abkassieren. Ich bin bereit! Mein Unternehmen „DriveCorrect“ steht schon im Handelsregister.“ Ich staunte stumm, während G. auf die weitflächig verteilten roten Fähnchen wies. „Für die Startphase konzentriere ich mich auf neuralgische Punkte: unübersichtliche Straßenführung, verkehrsberuhigte Zonen etc. Gearbeitet wird mit Laserpistolen und Direktkasse! Junge Mitarbeiter habe ich bereits gefunden, vom Resozialisierungsprojekt hier um die Ecke – alle einschlägig qualifiziert.“

„Die sind wegen Schutzgelderpressung verurteilt worden.“

„Na und? Jedem eine zweite Chance. Die Arbeitsagentur war sehr angetan von meiner Idee. Ist ja ohnehin nur für den Übergang. Zukünftig plane ich den Einsatz eines satellitengestützten Erfassungssystems. Jeder Verkehrssünder auf den von mir gepachteten Strecken wird gescannt, kurzer Datenabgleich und raus geht der Bescheid: Fee Collect. Die Technik ist in der Erprobungsphase, die CC-Units können demnächst installiert werden.“ – „CC?“

„Checken und Cashen – ich habe fürs Wording die Sprachartisten von der Deutschen Bahn verpflichtet.“ Ich blieb skeptisch: „Viele Freunde machst du dir damit aber bestimmt nicht.“ G., erfüllt von seiner neuen Mission, zuckte nur gottergeben mit den Schultern. „Hat nicht schon der Herr den Zollpächtern verziehen?“ CARSTEN WÜRMANN