taz-Adventskalender (20): Waffenkammer der Polizei
: „Badababababababababababamm!“

Stehen Sie auf fade Schokotäfelchen? Wir auch nicht. Die Türen des taz-Adventskalenders verbergen anderes: geheime Schätze und wilde Tiere, Sex and Crime. Letzte Dinge. Bis Weihnachten öffnen wir täglich eine Tür – auf einem Kalender namens Berlin.

Man folgt dem Sachbearbeiter in den Keller des Hauptgebäudes des Landeskriminalamts (LKA), geht durch einige schlecht beleuchtete, kafkaesk gewundene Gänge und steht schließlich vor einer ganz schlichten Tür. Daneben ist eine Vorrichtung an der Wand angebracht, in die der Sachbearbeiter einen Sicherheitscode eintippen muss. Das ist auch besser so, denn die hinter der Tür liegende Kammer birgt einen gefährlichen Inhalt.

Hier, in der Asservatenkammer des LKA, werden Schusswaffen und Munition gelagert – und leider nicht wenige. Die Knarren wurden von der Polizei beschlagnahmt und werden während der Ermittlungsverfahren hier vom LKA aufbewahrt. Danach bekommt sie der Eigentümer zurück oder sie werden vernichtet.

In Holzregalen zur Rechten liegen – fein säuberlich geordnet – die Gewehre: Jagdgewehre, Sturmgewehre, Pumpguns, Maschinengewehre. Auf der linken Seite finden sich in weiteren Regalen braune Papierumschläge. Darin sind Pistolen und Revolver verpackt, einschließlich passender Munition. Jede Waffe ist mit einem Aktenzeichen versehen.

Vorsichtig holt der Sachbearbeiter aus einer geigenkofferartigen Schutzhülle ein scheinbares Schmuckstück: eine fast neue „Heckler & Koch, Kaliber .223 Remington“. Ein Sturmgewehr, das auch die Bundeswehr benutzt. Auch brutale Klassiker wie eine Kalaschnikow AK-47, eine Uzi und eine Pumpgun gehören zum Sortiment. Der Sachbearbeiter holt eine M 16 hervor und merkt süffisant an, es handele sich dabei nur um „Spielzeug“: Mit diesem Exemplar könnten lediglich Plastikkügelchen verschossen werden.

In der Ecke lehnt ein gewaltiger Brocken, der gar nicht ins Regal passt: eine große russische Flak. Aber das ist noch nicht der größte Knaller, der hier einmal verwahrt wurde: Der Sachbearbeiter erzählt – halb fasziniert, halb aus beruflichen Gründen empört – von einem wahren „Prunkstück“: Eine dreibeinige, wassergekühlte MG zum Draufsetzen. Mithilfe lautstarker akustischer Untermalung führt er vor, wie dieses Schießeisen zu bedienen wäre: „Badababababababababababamm!“

Unter den vorhandenen Stücken befinden sich auch „kleine Fische“ wie Gas- und Schreckschusspistolen sowie Luftdruckgewehre. Für den Umgang mit ihnen gelten seit 1. April 2004 neue Gesetze: Man braucht dafür jetzt den „kleinen Waffenschein“. Hinten in der Ecke stehen ein paar Schwerter, darunter ein Highländer-kompatibles Gerät mit Löwenkopf-Griff, und einige Spazierstöcke mit verbotenem Innenleben: einer scharfen Klinge. Sherlock Holmes lässt grüßen.

„Pro Jahr gelangen etwa 3.000 Asservate hierher. Ein Asservat, sprich: ein Waffenfund, kann aber auch mal 100 Waffen beinhalten“, erzählt der Sachbearbeiter. Pro Monat gingen zwei Kisten zur Vernichtung, das entspreche etwa 150 bis 200 Asservaten.

Die Sicherheitsvorkehrungen sind angesichts des gefährlichen Inhalts enorm: Die Kammer darf nur von Sachbearbeitern der Asservatenstelle betreten werden. Auch Polizisten haben nur in Begleitung eines Kollegen Zutritt. Doppelte Buchführung über jede einzelne Waffe soll verhindern, dass jemand sein privates Waffenarsenal hier aufstockt. Geschichten wie die, dass Polizisten in Hamburg Drogen aus einer entsprechenden Asservatenkammer verkauft haben sollen, hält der Sachbearbeiter daher für Unsinn: „So etwas kann gar nicht passieren“, davon ist er überzeugt. OLIVER MARQUART

Morgen: Tür zum Puff „Club Pigalle“