Krankschrumpfen

Holländische Verlage planen die Großfusion: Aus acht Zeitungen soll eine werden. Doch der Widerstand wächst

Die Pressekonzentration in den Niederlanden alarmiert inzwischen sogar die Regierung in Den Haag: In einem Brief ans Parlament stellte das Kabinett klar, dass kein Konzern mehr als 35 Prozent der Tageszeitungen kontrollieren dürfe. Der Brief ist nicht zufällig entstanden: Es gibt nur drei große Zeitungsverlage in den Niederlanden – und zwei davon haben kürzlich angekündigt, dass sie sieben Regionalzeitungen und das überregionale Algemeen Dagblad fusionieren wollen (die taz berichtete).

Ein Vertragspartner ist die Verlagsgruppe PCM, der nicht nur Regionalzeitungen gehören, sondern – für Deutsche unvorstellbar – auch sämtliche überregionale Qualitätszeitungen. Neben dem Algemeen Dagblad sind dies die Trouw, die Volkskrant und das NRC Handelsblad. PCM wurde im Juni an den britischen Investmentfonds Apax verkauft, der nun eine Beteiligung von 52,6 Prozent hält.

Der Deal gilt in den Niederlanden als „die größte Revolution der Presselandschaft seit dem Zweiten Weltkrieg“. Denn der Fonds agiert nicht wie ein klassischer Zeitungsverleger, sondern engagiert sich eher bei IT-Firmen oder im Gesundheitswesen, um die Einlagen von Pensionsfonds und Lebensversicherungen zu vermehren. Gewinnsteigerung ist denn auch das erklärte Ziel, wenn nun das Algemeen Dagblad mit den sieben Regionalzeitungen fusionieren soll. Darunter sind so große und traditionsreiche Blätter wie der Haagse Courant, das Rotterdams Dagblad und das Utrechts Nieuwsblad. Die sieben Regionalzeitungen gehören bisher teils PCM und teils der Verlagsgruppe Wegener, die je einen Marktanteil von 27 und 28 Prozent kontrollieren. Bei der Fusion bleibt nur die Telegraaf-Gruppe außen vor, die 31 Prozent der Zeitungsauflage beherrscht.

Wie der neue Titel heißen soll, ist bisher unklar. Auch wird noch debattiert, ob das Fusionsprodukt als Tabloid erscheinen soll. Ursprünglich sollten die unterschiedlichen Regionalteile durch einen einheitlichen Mantel zusammengefasst werden – doch das Rotterdams Dagblad und der Haagse Courant haben bereits dagegen protestiert, dass ihre Namen nicht mehr auf dem Titel erscheinen sollten. In jedem Fall dürfte die Fusion Leser kosten. Bisher kommen die acht Zeitungen insgesamt auf 630.000 Exemplare, nach der Fusion rechnen die beiden Verlage mit einer Auflage von 550.000. Das kann sich nur lohnen, wenn viele der bisher 1.200 Redakteursstellen eingespart werden. Aber vielleicht stoppt die Regierung die Fusion ja noch. Allerdings rechnet der Medienwissenschaftler Piet Bakker von der Universität Amsterdam nicht damit: „Bisher ist das doch nur ein Brief und kein Gesetz.“ ULRIKE HERRMANN