US-MORALDEBATTE

Die Überraschung: Nach der Präsidentschaftswahl staunten die US-Kommentatoren: Nicht der „Krieg gegen den Terror“ oder die Wirtschaftslage war das wichtigste Thema für die Wähler, sondern „moralische Werte“. „Moral Values Decide Election“, titelten die Zeitungen. Der Begriff wurde zum Überraschungsthema des Jahres und seither zum Dauerbrenner in der öffentlichen Debatte.

Der Haken: Die Umfragen fragten nicht, was die Wähler unter moral values verstehen. Die Aufregung wurde eigentlich nur durch eine einzige Frage eines Meinungsforschungsinstituts am Wahltag ausgelöst. Keine wirklich repräsentative Stichprobe. Zudem lässt sich überhaupt nicht feststellen, ob es 2004 mehr value voters als früher gab, niemand fragte die Wähler vor vier Jahren danach.

Die Teilung: Dennoch wurde Amerika aufgeteilt in das Hinterland moralbesorgter Wähler und die unmoralischen Liberalen, die in Städten wohnen. Zum Beispiel Pennsylvania: Der Bundesstaat ist im Wahlatlas zwar demokratisch blau gefärbt. Doch von den insgesamt 64 Landkreisen gewann Bush 58. Kerry siegte nur in den beiden Großstädten Philadelphia und Pittsburgh – zwei blaue Inseln im roten Meer. MST