Konsequenzen erst im Sommer

Trotz Filzskandalen um die Christdemokraten Arentz und Meyer macht der RWE-Konzern auf business as usual. Dabei hat die Politikerversorgung System: „Marktwirtschaftlich ist das nur konsequent“

VON KLAUS JANSEN
UND ANDREAS WYPUTTA

Der Essener Energieversorger RWE will vorerst keinerlei Konsequenzen aus den Filz- und Gehaltsaffären um CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer und den christdemokratischen Sozialpolitiker Hermann-Josef Arentz ziehen. Erst Mitte 2005 will der Konzern einen „code of conduct“ genannten Verhaltenskodex vorlegen, der dann für alle Mitarbeiter verbindlich sein soll. „Dieser Verhaltenskodex wird den gesamten gesellschaftlichen, politischen und karitativen Bereich abdecken“, so ein Sprecher zur taz. „Details“ wollte er aber nicht nennen – die Staatsanwaltschaft prüft die Eröffnung eines Verfahrens wegen Untreue und Bestechung gegen RWE und Meyer.

RWE hatte unter dem Druck der Öffentlichkeit einräumen müssen, die Christdemokraten Meyer und Arentz angeblich ohne jede Gegenleistung mit 128.000 und 60.000 Euro versorgt zu haben. Kritiker halten die beiden Fälle nur für die Spitze des Eisbergs. „Als ehemals kommunales Energieunternehmen bietet RWE traditionell viele Jobs für abgehalfterte Politiker“, sagt der an der Universität Bochum lehrende Historiker Klaus Tenfelde. Ohne Hintergedanken sei das Geld für Meyer und Arentz nicht geflossen: „Persönliche Lobbyarbeit in Form von Abgeordneten, die dem Unternehmen verbunden sind, ist sicherlich am effektivsten“, so Tenfelde. „Es ist kaum denkbar, dass sich so jemand bei energiepolitischen Entscheidungen gegen den Konzern ausspricht. Das Unternehmen verhält sich marktwirtschaftlich nur konsequent.“

Auch Umweltaktivisten sehen Verbindungen zwischen der Stromlobby und umweltfeindlicher Energiepolitik – „ob bei der angeblichen Verspargelung der Landschaft oder einer fiktiven Atomrenaissance“, klagt Angelika Zarhnt, Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Auch der Energieexperte der Landtagsgrünen, Reiner Priggen, rechnet mit weiteren Fällen. Im Landtag fordern die Grünen deshalb eine Veröffentlichungspflicht aller Politiker-Nebeneinkünfte.

Unter Beobachtung stehen derzeit besonders die Mitarbeiter der RWE-Tochterfirma Infrakom, die für Landschaftspflege in den Kommunen zuständig war. Als Geschäftsführer fungierte der Bochumer CDU-Fraktionschef Lothar Gräfingholt, ebenfalls angestellt war Wilhelm Jasperneite, Ex-CDU-Fraktionsvorsitzender im Kommunalverband Ruhr. Jasperneite solle Klarheit über seine Infrakom-Tätigkeit schaffen, fordert nun Andrea Hosang, stellvertretende Fraktionssprecherin der Grünen im Kreistag Unna: „Es wird höchste Zeit, dass Mandatsträger Verbindungen zu Unternehmen und ihre Bezüge aufdecken.“