HARTZ IV KOMMT, ABER WOLFGANG CLEMENT GEHT NOCH LANGE NICHT
: Die volle Verantwortung

Es sei eine „Selbstverständlichkeit“, dass Arbeitsminister Wolfgang Clement für Hartz IV verantwortlich sei, ließ der Bundeskanzler gestern mitteilen. Gut, dass er das noch einmal klargestellt hat. Schließlich hatte Gerhard Schröder schon zuvor im Stern erklärt, die Verantwortung für die Arbeitsmarktreform liege „eindeutig“ bei Clement. Das aber hatte dazu geführt, dass alle Welt dachte, der Kanzler meine das Gegenteil: Er trage selbst die Verantwortung und wolle die nun abschieben. Bei diesen Kanzler-Interviews weiß man ja nie.

Natürlich hat Schröder seinen jahresendlichen Rundumschlag zur Machtdemonstration nutzen wollen. Deshalb darf man getrost davon ausgehen, dass er mit dem Interview zeigen wollte, dass er noch immer der Alleinherrscher über die Aufgabenverteilung im Kabinett ist. Ebenso getrost aber darf man aber davon ausgehen, dass dies Wolfgang Clement nicht kratzt: Er kennt seine Zuständigkeit und hat auch schon selbst in verschiedenen Versionen gesagt, dass er sein Schicksal mit Hartz IV verbindet. Im Übrigen pflegt der Kanzler die ihm wichtigen Leute am Kabinettstisch – das sind bloß rein zufällig nur Männer – nicht via Medien unter Druck zu setzen.

Was bei diesem Feiertags-Posieren großer Männer jedoch auffällt, ist, dass sie niemals sagen, wie weit die genannte Verantwortung genau reicht. Natürlich müsste Clement zurücktreten, wenn Hartz IV scheitert. Was aber heißt „scheitern“? Die Definition behält die Regierung sich selbst vor. Wenn deren Mitglieder von ihrer „Verantwortung“ sprechen, ist das also ungefähr so viel wert, als würden sie die Namen ihrer Ministerien vorlesen.

Clement hat sich von der Bundesagentur für Arbeit bereits bestätigen lassen, dass die Anträge auf Arbeitslosengeld II halbwegs pünktlich bearbeitet wurden; sogar die Technik funktioniert bislang. Es sieht also alles danach aus, als wenn ordentlich ab dem 3. Januar ausgezahlt wird. Damit ist die Umsetzung von Hartz IV bereits in Sack und Tüten.

Eines aber wird ganz bestimmt nicht passieren: dass irgendjemand zurücktritt, weil trotz anderslautender Ankündigungen die Arbeitslosigkeit nicht zurückgegangen ist – Clement so wenig wie der Kanzler. ULRIKE WINKELMANN