DEUTSCHE WERTARBEIT
: Do it yourself

Die sollen mehr amerikanische Produkte kaufen, knurrt George W. Bush, wenn Europäer das Außenhandelsdefizit der USA kritisieren. Rein weltwirtschaftlich wäre das sicherlich vernünftiger, als noch mehr Umsatz mit deutscher Wertarbeit zu machen – aber mit Weltwirtschaft gewinnt man nun mal weder Wahlen noch Herzen. Gehen wir also stattdessen daran, qualifizierte deutsche Arbeitsplätze durch den Erwerb hochwertiger deutscher Produkte zu sichern.

Adidas-Trainings- und Boss-Businessanzüge scheiden dafür leider aus, weil kein einziger deutscher Schweißtropfen in ihre Produktion eingeflossen ist. Da kann nichts anderes als Trigema in die Tüte kommen (die muss natürlich aus BASF-Plastik sein und nicht aus Jute aus Bangladesh). Mit dem Handy-Kauf müssen wir uns beeilen, solange Siemens diese Sparte noch nicht abgestoßen hat. Die Flachbildschirmfernseher müssen hingegen völlig vom Einkaufszettel gestrichen werden, da alles aus fernöstlicher Produktion.

Oder doch nicht? Schließlich ist einer der hochwertigsten Bestandteile dieser Geräte, die Flüssigkristallmischung, in sieben von zehn Fällen bei Merck in Darmstadt produziert worden – der Asiat kippt die Kristalle dann nur noch in die Schirme.

Branchen- und Nationen-übergreifend enthalten zudem Großkonzerne einen besonders hohen deutschen Anteil an der Wertschöpfung des Unternehmens. Diese haben nämlich höchstwahrscheinlich SAP R/3 installiert, und das in dieser Software enthaltene Patriotismusmodul sorgt vermutlich automatisch dafür, dass übermäßige Extraprofite der SAP-Kunden direkt nach Walldorf transferiert werden.

Ganz schön kompliziert, das mit der deutschen Wertarbeit im Zeitalter der Globalisierung. Nicht einmal klassisch lokale Branchen sind vor ihr sicher: Die Kamps-Bäcker zahlen ihre Franchisegebühren an die Spaghettipresser von Barilla, und die Wella-Friseure maximieren den Shareholder Value von Procter&Gamble.

Wer wirklich sichergehen will, dass der größte Anteil der Arbeitszeit, die in einem Produkt steckt, tatsächlich von Deutschen geleistet wurde, hat nur eine Wahl: Ikea. Denn das bisschen, was ein paar Turkmenen oder Vietnamesen zur Produktion der Förby-Hocker beigetragen haben, fällt nicht wirklich ins Gewicht – verglichen mit der Arbeitszeit, die der Käufer selbst für das Zusammenschrauben aufwendet. DETLEF GÜRTLER