Sportland NRW fährt zweite Klasse

Das „Sportland NRW“ wurde im abgelaufenen Jahr seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Und was kommt danach? Nichts Besonderes. Selbst der Sportminister setzt für die Zukunft auf „zweitklassige“ Events

BOCHUM taz ■ Was bringt das Jahr 2005 für das selbst ernannte „Sportland NRW“? Schwierig, schwierig. Aber vielleicht hilft ja der Blick zurück. Die Zuschauer und Internet-User des WDR wählten die NRW-Sportler des Jahres 2004. Heraus kamen der Kölner Lukas Podolski, Alemannia Aachen und Schwimmerin Anne Poleska. Zwei Zweitligisten und eine Bronzemedaillen-Gewinnerin. „Für uns ist Sport ein Lebenselixier“, fällt NRW-Sportminister Michael Vesper (Grüne) dazu ein. Tolles Leben. Aber immerhin habe man „während und nach unserer (gescheiterten) Olympia-Bewerbung immer den gleichen Wert auf den Sport gelegt“. Genützt hat es wenig.

Doch muss es so bleiben? Kurzfristig ja. Die Sportmetropole Deutschland hat ihre Koordinaten aus Erfolgsgründen mittlerweile Richtung Winter verschoben. Mangels Berg und Schnee schaut NRW dabei in die Röhre - zumindest bis zum Frühjahr. Hoffnungsträger für eine bessere sportliche Zukunft sind die World Games, die Weltspiele der nichtolympischen Sportarten, die im Juli 2005 in Duisburg und Umgebung stattfinden. „Ich glaube, dass die World Games in eine neue Phase treten. Sie werden sich zunehmend als 2. Bundesliga etablieren“, sagte Michael Vesper. Für Nordrhein-Westfalen kommen sie also gerade recht. Siehe Sportlerwahl. Aber Moment, die World Games... vergessen die Querelen um Finanzen und Personen. Die Region soll sich freuen auf „spannende Wettkämpfe“ in „exotischen Sportarten“ wie Tauziehen, Orientierungslauf und Bowling. Wirklich? „Wichtig für das Gelingen der World Games“, sagt Vesper, „werden sicher Eröffnungs- und Schlussfeier.“ Ach so.

Und was ist mit dem richtigen Sport? „Wenn ich jetzt unterschreiben könnte, dass wir Zweiter werden und für die Champions-League qualifiziert sind, dann würde ich das sofort machen. Dann wäre mir Wurst, wer Meister ist“, sagte Schalke-Trainer Ralf Rangnick am letzten Spieltag der Hinrunde. Kurz zuvor hatte sein Team durch ein spätes Gegentor den Herbsttitel verloren - an die Bayern natürlich. „Hausmeister, Bademeister, Herbstmeister“, trampelte Rangnick weiter auf den Gefühlen der Schalker Gemeinde herum. Eigentlich kann man das Kapitel nach diesen Aussagen zu den Akten legen. Wieder kein Titel, zumindest nicht der Richtige. Wie 2001, als die Schalker sich anschickten, das süddeutsche Kartell um den FC Bayern München und DFB-Chef Gerhard Mayer-Vorfelder zu durchbrechen. Für Land und Leute hieß es damals. Wohl der entscheidende Fehler. Die Schalker versagten natürlich.

Aber war denn nicht immer gerade auf die Teamplayer Verlass? Von 35 Medaillen, die NRW-Sportler bei Olympia holten, gingen nur drei an Einzelpersonen. Allein Hockey und Handball bekamen die eine Hälfte, die Reiter die andere. Fast. Die Medaillen wurden wegen gedopter Pferde beziehungsweise Problemen mit der Raum-Zeit-Koordination aberkannt. Immerhin: Wenigstens der Thrill-Faktor stimmte - noch lange nach der Schlussfeier.Und worauf können wir uns freuen? Auf den Klassenerhalt von Borussia Dortmund und die Wahl zur Mannschaft des Jahres. Auf den Start mehrerer NRW-Sportler bei der Leichtathletik WM 2005 in Helsinki mit anschließender Nominierung zur Wahl des NRW-Sportlers 2005. Kandidaten: Tim Lobinger (Köln), Michael Möllenbeck (Wattenscheid) oder Sina Schielke (Dortmund). Und natürlich auf den Optimismus unseres Sportministers. „Ich denke, dass wir die eine oder andere Goldmedaille erringen können. Und ich bin optimistisch, dass ich viele Briefe schreiben muss“, sagte Michael Vesper vor Olympia. Was in den Briefen stand, hat er uns nicht gesagt.

HOLGER PAULER