Italien ist jetzt eine rauchfreie Zone

Seit gestern gilt das Rauchverbot in Bars und Restaurants sowie am Arbeitsplatz. Auf melodramatischen Partys nahmen Nikotinsüchtige Abschied von der guten alten Zeit. Doch Kneipenbesitzer können auch einen Raucherraum einrichten

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Für Enzo Ceccarelli ist es ein schöner Tag. „Seit Jahren schon führe ich mit meiner Familie die Bar, und seit Jahren werden wir von unseren Kunden eingeräuchert. Damit ist jetzt endgültig Schluss.“ Kein Aschenbecher steht seit gestern früh mehr auf dem Tresen und auf den Tischen der Bar in Rom. Dafür verkünden zwei Schilder das Rauchverbot inklusive drohender Strafen für die Gäste: 25 bis 250 Euro Geldbuße riskiert, wer sich trotzdem die Kippe anmacht. Nein, keiner der Gäste habe am Morgen auch nur versucht, sich die Zigarette zum Espresso anzuzünden, erzählt Ceccarelli.

Seit Montag null Uhr ist Italien eine weitgehend rauchfreie Zone. In Kaffeebars, Kneipen, Restaurants, Spielhallen, aber auch an den Arbeitsplätzen gilt generell: Kippe aus. Das sei kein Prohibitionismus, versichert der Gesundheitsminister, der Krebsarzt Girolamo Sirchia. Rauchen werde den Bürgern schließlich nicht verboten, weder zu Hause noch an der frischen Luft. Mit dem neuen Gesetz gehe es ihm aber um den Schutz der Nichtraucher an allen öffentlichen Orten. Und selbst dort bleibe ja das Rauchen erlaubt, wenn die entsprechenden Vorkehrungen getroffen würden. Jedem Restaurantbesitzer stehe es frei, Raucherräume einzurichten.

Das aber ist eine aufwändige Veranstaltung: Der Rauchersaal muss durch eine automatisch schließende Tür vom Rest des Lokals abgetrennt sein; kein Nichtraucher darf gezwungen sein, auf dem Weg zu seinem Platz durch die Nikotinzone zu marschieren; außerdem muss der Qualm per Abluftsystem abgesaugt werden.

„Viel zu aufwändig“, kommentiert Enzo Ceccarelli, „der Umbau hätte uns Unsummen gekostet.“ So sehen es die meisten Inhaber; höchstens fünf Prozent der Lokale haben gesetzeskonforme Raucherzonen. Statt auf Umbau setzten bisher viele Wirte auf Widerstand; ihre Verbände drohen – wenn auch immer lahmer – weiterhin mit Einsprüchen vor den Verwaltungsgerichten.

Aber auch die Kneipiers und Barbesitzer, die sich über das neue Gesetz freuen, nehmen an einem Paragrafen Anstoß. „Wir sollen uns jetzt als Sheriffs gegenüber unseren Kunden aufführen. Wenn einer das Rauchen nicht lässt, müsste ich theoretisch sofort die Polizei rufen, sonst riskiere ich selbst eine saftige Strafe, bis zu 2.000 Euro“, bilanziert Ceccarelli.

Andere dagegen gehen mit Freuden auf die Jagd. In Neapel soll Zeitungsberichten zufolge um 0.01 Uhr die landesweit erste Buße erhoben worden sein; der Delinquent war von Vertretern einer Verbrauchervereinigung gestellt worden. In Rom dagegen waren Verbraucherschützer mit Wasserpistolen unterwegs, um in den Lokalen ab Mitternacht etwa noch glimmende Kippen zu löschen.

Widerstandshandlungen gegen das neue Gesetz dagegen hielten sich in Grenzen – stattdessen überwogen melodramatische Partys, in denen von den alten nikotingeschwängerten Zeiten Abschied genommen wurde. In Mailand gab sich die „Vereinigung der höflichen Raucher“ das Stelldichein zu einem Fest mit fingierter Antiraucherrazzia; die Vereinigung fordert, dass nach dem weit reichenden Verbot nun alle Arbeitgeber im Land per Gesetz zur Einrichtung von Raucherzonen gezwungen werden. Und ein Café in Padua bat am Sonntag zu einem Abend mit Grappa und Zigarren – Zutritt für Nichtraucher verboten.