Urheberrechts-Update technisch veraltet

Nach Monaten der Diskussion fällt der endgültige Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums mutlos aus

BERLIN taz ■ Ob sich Autofahrer eine Kopie ihrer neuesten Scheibe für den CD-Wechsler im Kofferraum legal anfertigen dürfen, diese Entscheidung überlasst Justizministerin Brigitte Zypries den Plattenfirmen. Am Mittwoch präsentierte sie ihren abschließenden Entwurf der Urheberrechtsnovelle, der nun ins Kabinett geht. Das neu gefasste Gesetz soll die Rechte der Künstler trotz neuer technischer Möglichkeiten sichern.

Zypries will an dem Recht auf private Kopien urheberrechtlich geschützter Werke festhalten – allerdings nur, wenn kein Kopierschutz bestehe. Damit ignoriert die Ministerin allerdings, dass mittlerweile Software, mit der der Kopierschutz umgangen werde könne, weit verbreitet ist. Künstler, die einen solchen Kopierschutz einrichten, bekommen keine pauschale Vergütung. Diese wird unter anderem von den Geräteherstellern an die Verwertungsgesellschaften der Urheber, wie VG Wort oder Gema, bezahlt.

Künftig soll dies aber nur noch für Geräte gelten, die in „nennenswertem Umfang“ dafür genutzt werden. Bei welchen Geräten dies der Fall ist, will Zypries mit Marktforschungsdaten herausfinden. Die Abgabenhöhe, die bisher gesetzlich geregelt ist, sollen die Hersteller und Verwertungsgesellschaften innerhalb eines Jahres aushandeln.

Restriktiver wird die Rechtslage künftig bei Internet-Tauschbörsen. Nach dem aktuellen Gesetz sind Kopien von „offensichtlich rechtswidrig hergestellten“ Vorlagen verboten. Das bietet den Interpretationsspielraum, sich legal hergestellte Privatkopien ohne Gewissensbisse herunterzuladen. In dem neuen Gesetz gilt das Kopieren „von rechtswidrig genutzten Vorlagen“ als illegal, worunter die Ministerin das Einstellen auch von zulässig hergestellten Kopien versteht.

Urheberrechtsverletzungen bis zu einem niedrigen zweistelligen Bereich sollen aber nicht geahndet werden. „Wir wollen keine Kriminalisierung der Schulhöfe“, sagte die Ministerin.

Thorsten Braun, Rechtsexperte des Bundesverbandes der phonographischen Wirtschaft, bemängelt, dass der Entwurf neue technische Möglichkeiten nicht berücksichtigt. „Es gibt mittlerweile Software, die Musik aus dem Radio in digitaler Qualität aufzeichnet.“ Das sei von der Privatkopie gedeckt und ermögliche auch weiterhin die kostenlose Versorgung mit Musik.

Oliver Moldenhauer von Attac zeigte sich enttäuscht – aber nicht überrascht. Durch das Verbot, den Kopierschutz zu umgehen, werde das Recht auf die Privatkopie faktisch ausgehebelt. Er sieht die Nutzerrechte geschwächt. JOCHEN SETZER