Altenheime vergessen die Jugend

Pflegeschulen fürchten einen Mangel an professionellen Pflegekräften. Grund: Ihre Schüler finden keine Ausbildungsplätze in Heimen mehr. Denen sind sie zu teuer, seit die öffentliche Förderung fehlt

VON SONJA FRANK

In Berlin droht ein Mangel an qualifizierten AltenpflegerInnen. Grund sind Gesetzesänderungen, durch die die Finanzierung der Ausbildung von PflegerInnen neu geregelt wird. Bisher wurde der praktische Teil der Ausbildung in Alten- und Pflegeheimen vom Land und der Agentur für Arbeit großzügig bezuschusst. Beide Förderungen sind ausgelaufen. Mehrere hundert PflegeschülerInnen müssen sich jetzt auf die Suche nach einem praktischen Ausbildungsplatz machen. Doch: Viele Alten- und Pflegeheime weigern sich offensichtlich, die Schüler ohne Geld vom Staat zu betreuen.

In Berlin bilden 16 anerkannte Schulen AltenpflegerInnen aus, pro Jahr gibt es rund 300 AbsolventInnen. Bei der praktischen Ausbildung sind die Schulen jedoch auf die Zusammenarbeit mit den Altenheimen angewiesen. Bisher waren die SchülerInnen dank staatlicher Zuschüsse billige Arbeitskräfte. Für alle PflegeschülerInnen, die nach August 2003 ihre Ausbildung begonnen haben, müssen jedoch die Heime den Lohn zahlen. „Das führt dazu, dass deutlich weniger Plätze zur Verfügung gestellt werden“, sagt Birgit Hoppe, Vorsitzende des Arbeitskreises Ausbildungsstätten für Altenpflege.

Die Situation im Altenpflegebereich hat sich zu Jahresbeginn noch verschärft: Seitdem gilt, dass UmschülerInnen statt bisher 36 Monate nur noch 24 Monate von den Arbeitsagenturen gefördert werden. Weil die restliche Finanzierung unklar ist, werden derzeit überhaupt keine UmschülerInnen von den Schulen angenommen. In Berlin bilden sie jedoch die größte Gruppe der Auszubildenden.

Wenn nicht rasch politische Lösungen gefunden würden, befürchtet Birgit Hoppe „gravierende Auswirkungen“ – bis hin zum Aus für einige Ausbildungsstandorte. In denen werden zurzeit 1.000 BerlinerInnen unterrichtet. Damit würde geschultes Pflegepersonal fehlen. Laut Hoppe wurde auf Bundesebene eine Arbeitsgruppe zur Lösung eingesetzt.

Erste Auswirkungen des Engpasses sind schon spürbar. „Ein für Februar geplanter Kurs mit 28 Teilnehmern musste abgesagt werden“, berichtet Rosemarie Derkau, die Leiterin der DRK-Berufsfachschule für Altenpflege. Weitere Absagen könnten bald folgen. Auch andere Einrichtungen bangen um ihren Kursstart. Die Heimträger sehen sich jedoch aufgrund des großen Konkurrenzdrucks nicht in der Lage, ihre Preise für die Bewohner zur Finanzierung der Pflegeschüler zu erhöhen. Diese Argumentation hat Rosemarie Derkau bei mehr als 60 Anfragen in Berliner Heimen immer wieder gehört. Ihre Rechnung sieht anders aus: Eine Einrichtung mit 100 Betten müsste etwa 6 Euro mehr von jedem Betreuten verlangen. Das hält sie für machbar.

Als Konkurrenzkampf in einer angewachsenen Branche stuft die Sozialverwaltung die Entwicklung ein. Sprecherin Regina Kneiding: „Das wird sich am Markt regeln, da können wir nicht eingreifen.“ Nach Kneidings Angaben sind in Berlin ausreichend Ausbildungsplätze vorhanden.