Meisner will die andere Wange hinhalten

Kölns Erzbischof mahnt am Weltfriedenstag Soldaten zur Feindesliebe. Die Polizei hindert Gegner des Internationalen Soldatengottesdienstes im Dom daran, Angehörige der Bundeswehr mit Flugblättern über ihre Rolle aufzuklären

KÖLN taz ■ Eine französische Einheit kommt zu spät zu Meisners Appell. Verschüchtert sehen sich die jungen Soldaten am Eingangsportal nach einem unauffälligen Plätzchen um. Gut eintausend Bundeswehrsoldaten und einige hundert Angehörige ausländischer Armeen haben sich an diesem Vormittag im Kölner Dom zum Internationalen Soldatengottesdienst versammelt. Auch Bundesverteidigungsminister Peter Struck und Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma haben sich nicht lumpen lassen. Anlass ist der Weltfriedenstag, der 2005 unter dem Motto „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute“ steht.

Die Eucharistiefeier als solche gebe ihm nichts, flüstert ein Oberleutnant aus Celle im Seitenschiff. Trotzdem sei er gerne hier, so der Offizier, spüre er doch bei solchen Anlässen und im Kreise so vieler Kameraden jene Anerkennung, die ihm ansonsten außerhalb der Kaserne nur selten zuteil werde.

Kölns Erzbischof Joachim Meisner bietet unterdessen in seiner Predigt ausnahmsweise mal keine größere Angriffsfläche; den Soldaten vertraut er an, dass „selbst wo Gewalt angewendet werden müsste“, dies „als Ultima Ratio geschehen muss, das Böse in das Gute zurückzuführen“. Das Evangelium preist er als „Ausweg aus allen Sackgassen und Irrwegen unseres Lebens“, den Kriegshandwerkern schreibt er im Beisein ihres obersten Dienstherrn sogar ins Soldatenhandbuch, „wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin“.

Währenddessen trotzt draußen ein Häuflein Demonstranten der Naturgewalt, die in Form von nassen Böen über die Domplatte fegt. Insgesamt hat sich ein gutes Dutzend Bundeswehrkritiker vor dem Dom eingefunden. „Frieden kostet Mut, Waffen kosten Leben“, heißt es auf einem PDS-Transparent. Uta Mader schwenkt die vielfarbige „Pace“-Fahne und empört sich über die „Show“ in der Kathedrale. Die 63-Jährige gehört zu der kleinen Gruppe des Deutschen Freidenkerverbandes, die vor Beginn der Veranstaltung im Dom Flugblätter an die Soldaten verteilen wollte, von Kölner Polizisten jedoch dezent, aber wirkungsvoll abgedrängt wurde.

„Wir sind generell gegen Bundeswehreinsätze, egal wo“, sagt Uta Mader, „noch dazu, wenn man bedenkt, dass deutsche Soldaten im Rahmen einer EU-Streitmacht bald über einen möglichen Einsatz von Atomwaffen mitbestimmen könnten.“ Auch Klaus Simon ist Freidenker und jedes Jahr dabei, wenn Kölns Kardinal deutschen Soldaten die Absolution erteilt. Über Meisners Spruch von 1996: „In betenden Händen ist die Waffe vor Missbrauch sicher“, kann sich der 65-Jährige immer wieder aufregen. „Da weiß ich doch, warum ich hier stehe.“ Henk Raijer