DAILY DOPE (387)

„Ich denke, gedopt wird heute überall.“ Eine solche Aussage kann schon lange nicht mehr erschüttern. Ron Ostermann, vom Verband Deutscher Fitness- und Gesundheitsunternehmen und selbst Fitnessstudiobetreiber, ist nicht der Einzige, der das so sieht. Die sieben Sachverständigen, die am Mittwoch zu einer öffentlichen Anhörung des Sportausschusses des Deutschen Bundestags zum Thema „Medikamentenmissbrauch im Freizeit- und Breitensport“ eingeladen waren, zeichneten allesamt ein düsteres Bild.

„Ich weiß von dopenden Soldaten, Polizisten und auch Sportstudenten, die körperlich fit sein müssen“, berichtete der Antidopingaktivist Jörg Börjesson. Unterstützt wird er von Mischa Kläber, Sportwissenschaftler an der Technischen Uni Darmstadt. Dieser schreibt in seiner Stellungnahme zu der Anhörung, dass man nicht ausschließen könne, „dass der eine oder andere Arzt selbst zu Dopingpräparaten greift, um seine Leistungsfähigkeit für den Beruf zu steigern“. Wie will also eine Gesellschaft, die es billigt und fördert, dass Menschen, um ihr Berufs- oder Privatleben zu meistern, auf „Medikamente“ zurückgreifen, Sportler verurteilen, die mithilfe von „Medikamenten“ zu Höchstleistungen kommen? Das ist die eigentliche Frage. Da diese aber nicht einfach durch neue Gesetze oder striktere Kontrollen gelöst werden kann, ist angeraten, sich vom Ideal des reinen Sports zu verabschieden.

Die erschütternde Erkenntnis liegt im Detail. Zu seiner Aussage in Bezug auf die Ärzte kam Kläber, weil er für eine Studie Doper zu ihren Gewohnheiten und der Beschaffung der Substanzen befragte. 60 Prozent der Befragten gaben an, unter ärztlicher Kontrolle zu dopen. Perikles Simon, Professor für Sportmedizin in Mainz, bestätigt dies und schätzt zudem, dass sich ein Drittel der Dopingnutzer vom Arzt kontrollieren lassen. Das heißt, dass sich viele Mediziner dazu bemüßigt fühlen, Doping wenn nicht zu unterstützen, so doch aber zumindest zu ermöglichen. Ein Doper wird in Kläbers Studie wie folgt zitiert: „Ich bin zu meinem Hausarzt gegangen, habe mit ihm darüber gesprochen und habe ihn gebeten, dass er das Ganze kontrollieren soll, weil ich einfach Angst vor solchen Medikamenten hatte und keinerlei Erfahrung; und habe gesagt: Sollte er es nicht tun, werde ich es auch ohne ihn machen. Dann hat er sich sofort kooperativ gezeigt.“ Na dann, gute Nacht!

MILAN JAEGER