Stabi schmeißt Mobilfunker raus

Handynutzer bekommen ab dem 7. Februar in der Staatsbibliothek Hausverbot für einen Tag. Mit dieser rigiden Maßnahme reagiert die Bibliothek auf immer häufigere Telefonate im Lesesaal

Von Ulrike Linzer

Menschen vom Typ „ignorante Telefonierer“ halten sich offenbar für so unabkömmlich, dass sie immer erreichbar sein müssen – selbst beim Lernen in der Bibliothek darf das piepsende oder schnurrende Handy nicht fehlen. Besuchern dieser Art will die Staatsbibliothek nun Einhalt gebieten. Ab dem 7. Februar führt sie in beiden Häusern drakonische Strafen für telefonierende Studierende ein: Handynutzer werden rausgeschmissen. Erst am nächsten Tag dürfen sie den Lesesaal wieder benutzen.

„Wir haben immer mehr Beschwerden von Lesern, die sich nicht konzentrieren können, weil ständig jemand rumläuft und telefoniert“, sagt Uwe Schwersky von der Benutzerabteilung. Trotz großer Hinweisschilder mit durchgestrichenem Handy überall im Gebäude, die seit fünf Jahren hängen; trotz der auf Handzetteln verteilten Benutzerordnung mit dem Paragrafen zum Telefonierverbot; und trotz der häufigen Verwarnungen durch das Personal: Der Kommunikationswahn im Lesesaal habe nicht abgenommen – im Gegenteil. Besonders störend sind die Telefonierer in der Staatsbibliothek an der Potsdamer Straße, weil die Räume dort viel offener gehalten sind. Dorthin kommen täglich rund 3.500 StudentInnen, DoktorandInnen und WissenschaftlerInnen zum Lesen, Lernen und vor allem auch: zum Kommunizieren.

Hier heißt es nicht nur sehen und gesehen werden, sondern auch treffen und getroffen werden. Unter Akademikern wird die Stabi sogar als inoffizielle Kontaktbörse gehandelt. Hier verabredet man sich, um „Stabilos“ und „Stabiletten“ kennen zu lernen, um alte oder neue Bekannte wiederzusehen. Kein Wunder, dass da die Telefone nicht stillstehen: wenn etwa der „Stabilo“ von letzter Woche anruft oder wenn die „Stabilette“ ihrer Freundin ihre Flirtbilanz der vergangenen zwei Stunden durchgeben muss.

Die Telefonaktivitäten haben derart zugenommen, dass die Staatsbibliothek jetzt dringenden Handlungsbedarf sieht. Ständig herrsche Unruhe im Lesesaal, telefonierend flanierten die Leute im Gebäude umher. „Dieses Verhalten muss sich ändern“, meint Uwe Schwersky. Bibliotheken gehörten ebenso wie Theater, Konzerthäuser und Museen zu den Orten, an denen Telefonieren nicht erwünscht und nicht üblich sei. Überhaupt verstehe er nicht, „wenn die Leute zum Lernen kommen, warum sie ständig am Hörer sind“. Nicht nur, dass die Besucher immer erreichbar sein wollen. Zunehmend erlebt Uwe Schwersky, dass die LeserInnen völlig ungeniert Anrufe tätigen – hinter den Regalen oder direkt vom Schreibtisch aus. Einige gingen zwar in die ausgewiesenen Sprechbereiche – in das Café, zur Eingangshalle, manche auch in die Toilettenräume. Jedoch fangen sie oft schon auf dem Weg dorthin an, sich lautstark zu unterhalten. Die Telefonierenden um Ruhe zu bitten oder sie zum Ausschalten zu bewegen, sei bisher ohne Erfolg geblieben. Zugenommen habe hingegen die Ignoranz gegenüber anderen Nutzern, die sich wegen der Unruhe nicht konzentrieren können.

Eine Woche vor Beginn der Telefoniersanktionen informiert die Leitung der Stabi über die Konsequenzen der unerwünschten Gespräche. Handzettel in deutscher und englischer Sprache und Plakate sollen vor dem Rausschmiss warnen. „Wir hoffen, dass wir gar nicht erst jemanden des Hauses verweisen müssen“, so Uwe Schwersky. Man versuche einfach, an die Vernunft zu appellieren.