Mitten ins Schwarze getroffen

Schlangen in der Auguststraße, entschlossene Türsteher und ein vorsichtiger Generationendialog angesichts all der Kunst – wie war’s eigentlich in der RAF-Ausstellung am Wochenende?

VON JAN FEDDERSEN

Erst fünf Häuser vor der angestrebten Adresse endete in den mittleren Abendstunden die Schlange der Wartenden. Man freute sich über den Schnee, der sacht fiel. Selbstbestätigender Erfolg für die Menschen, die die Ausstellung „Zur Vorstellung des Terrors“ monatelang vorbereitet hatten: Zufrieden waren sie.

Am Samstag mussten sogar Türsteher für rigorose Einlasskontrollen sorgen, auf dass die KunstWerke für die, die es hineingeschafft hatten, überhaupt noch genießbar sein konnten.

Ein Kürzel hatte – überraschend? – gelangt, das Interesse des rot-grünen Hauptstadtpublikums zu wecken: RAF. Nett, dass zeitgleich die „Lange Nacht der Museen“ für eine gewisse Überbelebtheit in Mitte und des Boulevards Unter den Linden sorgte. Aber, dürfen die RAF, die KunstWerke schon zum Musealisierenswerten gezählt werden?

Sehr wohl. Wer die Planken hinter dem Eingang hinter der Auguststraße beschritt, konnte gelegentlich glauben, das akademische Milieu um die Anfang fuffzig sei auf Nostalgiesupervision. Viele Frauen, die gut bei einem Christina-Weiss-look-alike-Contest hätten mitmachen können; viele sehr bunte, sehr einweltige Schals gerade bei ihnen. Männer um sie herum, die nach Anwaltschaft aussahen. Man kann sie ja gar nicht alle kennen – vielleicht aber, jenseits von Fahndungsplakaten, Karl-Heinz Dellwo und Gabriele Rollnik. Auch sie schritten die Stockwerke mit den Exponaten akkurat ab. Waren wir alle wieder nur Rätselhaftem auf der Spur? Ein Besucher, Geburtsjahrgang 1972 und insofern prädestiniert, das damals Gesellschaftliche für Vergangenes zu halten, meinte zu seiner Begleitung, Videoschirme, Installationen und Gucklöcher begutachtend: „Ist das Kunst oder schon Didaktik?“

Als ob das eine Frage sein könnte: Die meisten Menschen jedoch fanden sich in der Foyerhalle ein, an deren Wände eine Art Gesamtwandzeitung aus Bild-, Stern-, FAZ- und SZ-Exemplaren der RAF-Ära montiert war. Äußerte eine junge Frau irritiert: „Was an der Bild so hetzerisch gewesen sein soll, ist mir noch nicht klar.“ Ihre Begleiterin – Mutter? – seufzend: „Das kannst du nicht mehr nachfühlen.“

Ein generationsüberbrückender Event, auch gastronomisch. Im angrenzenden Café-Atrium-Haus fand man zur Spaßgesellschaft zurück. Man lachte, man plauderte; familiär. Schön, sich abgelegte Zeiten mal wieder in Erinnerung gerufen zu haben!