Zur Urne geschleppt

TREND In zahlreichen Bundesländern war die Wahlbeteiligung geringer als vor fünf Jahren

BERLIN taz | Bei meist trübem Wetter hat die Europawahl in Deutschland eher schleppend begonnen. Bis 14 Uhr gaben lediglich 20,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Das seien weniger als bei der Abstimmung vor fünf Jahren gewesen, wie der Bundeswahlleiter mitteilte. Damals waren bis zur gleichen Uhrzeit 20,4 Prozent der Wählerinnen und Wähler zur Abstimmung gegangen. Neben Hamburg meldeten Schleswig-Holstein, Bayern, Baden-Württemberg, das Saarland und Thüringen am Vormittag eine schwache Wahlbeteiligungen. Auch in Niedersachsen hatten bis 12 Uhr erst 15,03 Prozent der Wähler gewählt, sagte der stellvertretende Landeswahlleiter in Hannover. Bei der letzten Europawahl waren es bis dahin 15,1 Prozent.

Der Urnengang zur Wahl des Europaparlaments gilt in Deutschland als Stimmungstest für die Bundestagswahl Ende September. Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmte die Unionsparteien in einem Zeitungsinterview bereits auf Verluste ein und verwies darauf, dass CDU und CSU bei der Wahl vor fünf Jahren von der Schwäche der SPD profitiert hätten. „Wir wollen deutlich stärkste Partei vor der SPD werden“, betonte die CDU-Chefin dennoch. Die Union war bei der Europawahl vor fünf Jahren auf 44,5 Prozent gekommen, während die damals regierende SPD inmitten der Proteste gegen die Agenda-2010-Reformen auf 21,5 Prozent absackte.

SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz zeigte sich bei der Stimmabgabe doch recht zuversichtlich, dass seine Partei Stimmen hinzugewinnen und die Union Anteile verlieren werde. „Gut, wir kommen von einem sehr niedrigen und die von einem sehr hohen Sockel, aber ich glaube, dass die Botschaft ganz klar sein wird, dass der Trend in diesen Wochen zu uns geht“, sagte Schulz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte noch am Samstag die Wahlberechtigten aufgerufen, wählen zu gehen. Sie bekräftigte die wichtige und bedeutende Rolle Europas im täglichen Leben der Menschen. Die Mehrheit der Gesetze werde inzwischen in Brüssel oder in Straßburg verabschiedet. Auch SPD-Chef Franz Müntefering rief die Anhänger seiner Partei zum Endspurt auf. Die Wahlbeteiligung entscheide darüber, wer am Ende vorne sei.

MONIKA SCHMIDTKE