Das Bankgeheimnis fällt

Finanzbehörden, Arbeitsagenturen und Bafög-Ämter können bald Bankkonten abfragen. Kritik kommt aus dem Bundestag: Transparenz bei den Abfragen gefordert

BERLIN taz ■ Ginge es nach Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), könnten seine Behörden ab April ganz unbemerkt nach Steuersündern jagen. Dieser K.O.-Schlag gegen das Bankgeheimnis steht im rot-grünen „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“. Doch nun schwenken Eichels treueste Kollegen in der Regierungskoalition um – und fordern mehr Transparenz.

Ab 1. April soll es erweiterte Möglichkeiten zur Abfrage von Bankkonten geben. Die Finanz- und andere Behörden können sich dann per Knopfdruck Einblick in sämtliche Kontoverbindungen eines Bürgers verschaffen. Ob der Betroffene informiert werden muss oder nicht, ist bisher im Gesetz nicht geregelt. Genau darüber erzürnen sich nun aber die Datenschützer genauso wie die Opposition. Und eine Volksbank aus dem Münsterland hat in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Der Druck wirkt: Der Innenausschuss im Bundestag pocht nun auf mehr Transparenz, die Betroffenen sollen von der Observation erfahren. Nach taz-Informationen wird die Bundesregierung am 17. Februar vom Bundestag aufgefordert, eine entsprechende Verwaltungsanweisung zu erlassen.

„Das ist ein wichtiger und notwendiger Schritt“, sagte FDP-Innenexpertin Gisela Piltz der taz. „Lieber wäre mir jedoch, wenn es das Gesetz gar nicht geben würde.“ Wesentlich direkter wird Rechtsanwalt Gunter Widmaier, der für die Volksbank Raesfeld gegen das Gesetz klagt: „Das ist schon eine seltsame Reaktion, wenn jetzt versucht wird, durch Reparaturarbeit der Kritik auszuweichen.“ Seine Verfassungsklage sei davon ohnehin nicht betroffen. Auch Peter Schaar, der Datenschutzbeauftragte des Bundes, hält an seiner Kritik an dem Gesetz fest. Nach wie vor sei nämlich nicht geregelt, welche Behörden zu welchem Zweck die Daten abrufen dürfen.

Im Gesetzestext ist lediglich geregelt, dass alle Behörden abfrageberechtigt sind, die an „Begriffe des Einkommensteuergesetzes“ anknüpfen. Das umfasst neben den Finanzämtern auch Bafög-Ämter und Arbeitsagenturen. Per Computerabfrage erfahren sie künftig neben dem Namen des Kontoinhabers, dessen Geburtsdatum, die Kontonummer sowie das Eröffnungs- und Auflösungsdatum. Ein konkreter Verdacht ist für die Abfrage nicht erforderlich. Kritiker befürchten, dass dies zu Missbrauch führen könnte. Zudem könne sich ein Verdacht durch die Abfrage gerade erst ergeben, da alle Konten aufgeführt werden, über die die abgefragte Person verfügungsberechtigt ist. „Dann muss der unbescholtene Bürger den Finanzbeamten das Konto seines Kegelklubs erklären“, so Piltz.

Doch auch nach der bisherigen Gesetzeslage ist das Bankgeheimnis größtenteils aufgeweicht: So haben die Finanzbehörden auch bisher schon das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen in den Bankdaten zu schnüffeln – allerdings nicht über eine zentrale Stelle. Ihre Anfragen mussten sie an jedes der rund 2.100 Kreditinstitute einzeln richten. Deshalb schielten die Behörden schon länger auf die so genannte Kontenevidenzzentrale. Hier sind die nämlich die Kontostammdaten aller Kreditinstitute gebündelt. Diese wurden im Rahmen der Terrorismusbekämpfung nach den Anschlägen vom 11. 9. eingerichtet. An diese Zentrale soll jetzt auch das Bundesamt für Finanzen angebunden werden. Lediglich über den Zeitpunkt wird noch gestritten. Der Banken-Dachverband hält den Termin für nicht mehr einhaltbar – das Finanzministerium schon.

Ob das neue Gesetz wirklich zu mehr Steuerehrlichkeit führt, ist indes fraglich. Nicht betroffen sind Banken im Ausland, etwa in der Schweiz. JOCHEN SETZER