LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: „Behinderte müssen wählen können“, taz vom 6./7. 6. 09

Sonderschulplätze sind zu teuer

Es ist ehrenwert, wenn senor muñoz das menschenrecht auf integrative bildung für behinderte in deutschland einfordert. Keine frage, das ist überfällig. Nur, denken sie wirklich, dass die wahl für diese oder jene schulart die strukturen wirklich verändert? In baden-württemberg haben de facto sonderschüler schon jetzt die möglichkeit, im regelschulsystem unterrichtet zu werden. Dazu verspricht der kultusminister noch einmal in naher zukunft die „freiwillige“ abschaffung der sonderschule.

Alles lüge! Tatsache ist, dass je bildungsferner die eltern der kinder sind, umso mehr sinkt die bereitschaft, ihre kinder in die regelschule zu bringen. Weil die sonderschule sich mehr um ihre kinder kümmert und die eltern dadurch deutlich entlastet werden! Hintergrund der augenwischerei ist einfach: Die plätze für sonderschüler sollen reduziert werden, weil sie schlicht zu teuer sind. An eine abschaffung – wo um himmels willen leben sie eigentlich? – denkt hier niemand. In großer hoffnung, dass eines tages alles besser wird, WOLFGANG RAUCH, Kronau

■ betr.: „Wie cool ist das denn? Der taz-Produkttest“, taz vom6./7. 6. 09

Uncooler taz-Produkttest

Wie „uncool war das denn“? – der taz-Produkttest für den Nescafé-Milchschäumer! Nescafé ist bekanntermaßen ein Nestlé-Ableger und gehört doch unser aller Meinung nach zu einem der weltgrößten „Pfui“-Unternehmen, oder!? Wie könnt ihr da einen so unreflektierten Positivbericht bringen? Egal, wie supertoll die geschäumte Milch schmeckt, das Ding kommt bei mir sicher nicht ins Haus!!! STEPHANIE LUCKE, Kaltenkirchen

■ betr.: „Für eine effizientere Zensur“, taz vom 6./7. 6. 09

Gegen geheime Zensurlisten

Das Missverständnis im taz-Kommentar zur Fragen der Internetzensur ist die Annahme, dass es den Gegnern von Frau von der Leyens Plänen darum ginge, einen „unreglementierten freien Cyberspace“ zu erhalten. Darum geht es nicht. Das ist romantischer Kitsch! Für meine Generation ist das Internet ein ganz normaler Teil des täglichen Lebens, und als solcher ganz selbstverständlich Teil gesellschaftlicher Reglementierung. Worum es geht, ist, dass Polizeibehörden keine geheimen Zensurlisten führen. Und hier unterscheidet sich eben Frau von der Leyens Vorschlag von dem Gegenmodell, kinderpornografische Angebote gleich ganz zu löschen. Eine BKA-Sperrliste müsste zwangsläufig geheim sein (weil sie sonst als Wegweiser zu den Angeboten dienen würde, anstatt den Zugang zu erschweren) und unterläge daher keiner gesellschaftlichen Kontrolle. Über Löschungen kann dagegen öffentlich berichtet werden. Eine Löschung bekommt der betroffene Anbieter mit und kann dagegen protestieren und klagen. Und auch was die Möglichkeit angeht, die polizeilichen Mittel einfach auf weitere Felder auszudehnen als nur den Kampf gegen Kinderpornografie, sind die Vorschläge sehr verschieden: Unliebsame Angebote, die in Schweden oder den USA legal sind, kann das BKA eben nicht einfach löschen lassen. Kinderpornografie dagegen ist eigentlich überall verboten – auch im Internet. Und das ist auch gut so. ANTON FLÜGGE, Frankfurt am Main

■ betr.: „Atheismusbeweis kann es nicht geben“, Leserbrief vom6./7. 6. 09

Man weiß et net

Schade, Herr Anders-Heinen, ich kenne Kölner eher „agnostisch“, der Spruch „man weiß et net“ gehört zum kölschen Lebensgefühl. Wie können Sie Agnostiker(innen) und Atheist(inn)en in einen Topf werfen? Laut Definition ist der Agnostizismus (von gnosis das Wissen, a-gnosis das „Nicht-Wissen) die Annahme, dass die Existenz oder Nichtexistenz eines höheren Wesens wie beispielsweise eines Gottes entweder ungeklärt, grundsätzlich nicht zu klären oder für das Leben irrelevant sind. Der Atheismus hingegen lehnt die Existenz eines höheren Wesens ab. Als Agnostiker finde ich mich verunglimpft, ich sage/denke nicht „Gott ist tot“.

Ich bin allerdings so liberal, dass ich keine Probleme mit religiösen oder atheistischen Mitmenschen habe, solange sie andere nicht beleidigen. Sie zitieren zustimmend Steiner (der unbestritten seiner Wegbereitung für die Waldorfbewegung auch seine Affinitäten zur NS „Blut & Boden“-Ideologie hatte), der Atheismus als Krankheit bezeichnet. Mit dem Hinweis, dass Atheismus eher Religionsersatz ist: Ist damit Ihre Religion für Sie auch nur eine „mildere“ Form von Krankheit? ANDREAS NOSITSCHKA, Aachen

■ betr.: „Atheismusbeweis kann es nicht geben“

Sehr kleine grüne Marsmännchen

Natürlich gibt es keinen „Atheismusbeweis“. Ebenso wenig lässt sich beweisen, dass der Mars nicht von kleinen grünen Männchen bevölkert ist – schließlich könnten die ja tief unter der Oberfläche leben oder aber wirklich sehr, sehr klein sein. Ist ihre Existenz aufgrund dieser Nichtbeweisbarkeit nun wahrscheinlicher geworden? FRANK SEIDEL, Gelsenkirchen

■ betr.: „Nein, Justin“, taz vom 6./7. 6. 09

Ruhig „nein“ sagen

Ruhig „nein“ sagen und dabei bleiben, nett und freundlich und zugewendet neben dem schreienden kind stehenbleiben und (unter den zumeist empörten blicken anderer kunden) warten, bis der zorn abebbt, dem kind anschließend vermitteln, warum man nicht immer alles gewünschte kaufen kann, das ganze je nach bedarf bei zwei bis drei einkäufen wiederholen– dann müssen weder die quengelware verboten noch das kind in bewegung und sicht eingeschränkt werden! dass das kind trotzdem auch aussuchen können muss (es soll das gekaufte zeug ja auch selbst konsumieren) und dabei auch dinge aussucht, die mir nicht passen und die ich nicht gekauft hätte, versteht sich von selbst. CHRISTIAN SCHMITT-KILB, Rostock