Nicht verpassen!
: Dorfdisco

„Das Internat Schloss Salem“, 20.15 Uhr, Arte

Anstrengung. Leistung. Disziplin. Das sind die Leitlinien des Internats Schloss Salem am Bodensee, einer Bildungsinstitution mit elitärem Anspruch. Einige Prominenz hat den Drill bereits durchlaufen, Golo Mann etwa, Hildegard Hamm-Brücher, die dort „zur Ehrlichkeit erzogen“ wurde. Wenn Internatsdirektor Bernhard Bueb zu Beginn der fünfteiligen Dokusoap diese Prinzipien betont, lassen die Zwischenschnitte aus dem Internatsalltag den Druck ahnen, der auf den SchülerInnen lastet. Schweigen beim Mittagessen, rationierte Süßigkeiten und Drogenkontrolle per Losentscheid sind Disziplinierungsmaßnahmen, die sich die Eltern bis zu 2.100 Euro monatlich kosten lassen. Es sei schon „wie im Gefängnis“, kräht einer der Jüngeren übermütig in die Kamera. Der Anspruch des 1920 gegründeten Internats ist nicht einfach die Erziehung zur Anständigkeit, sondern zu einer leistungsbereiten Elite. Angesichts der aktuellen Debatte um Studiengebühren ein eindrucksvolles Beispiel für den Bildungsvorteil der oberen Schichten. Wer auf ein schuleigenes Stipendium angewiesen ist, muss nicht nur überdurchschnittliche Leistungen, sondern auch „soft skills“ wie Gemeinschaftssinn vorweisen. Bei aller Kontrolle schürt die Serie immerhin die Hoffnung, dass in Salem keine seelenlosen Karrieremaschinen gezüchtet werden. Dass die Oberstufe nachts in die nächste Dorfdisco abhaut, wird die Internatsleitung wohl wissen – es dürfte sogar in ihr Konzept passen, ihren Schützlingen mehr Verantwortung zu übertragen. Und ganz zum Schluss, wenn endlich alle Schüler anderswo Sommerferien und Abitur genießen, kann auch der gestrenge Mentor, befreit von seiner Vorbildfunktion, eine Zigarette qualmen. DANIEL KASTNER