Riesenslalom ins Sendeloch Italien

Notprogramm im ZDF: Wegen eines Streiks des Senders RAI fiel gestern nicht nur die Übertragung von der Ski-WM aus, sondern sogar der Wettkampf selbst. Schuld sind die Privatisierungspläne der Berlusconi-Regierung für die RAI

Dass Skiveranstaltungen dann und wann ausfallen, ist nicht unbedingt ungewöhnlich: Ob nun wirklich echter Schnee liegt, wird dabei zunehmend egal. Doch im Großen und Ganzen muss das Wetter schon einigermaßen mitspielen: Sturm, zu dichtes Schneegestöber oder Nebel – und nix ist mit der spektakulären Schussfahrt ins Tal.

Doch nicht der Wettergott ließ gestern den Riesenslalom der Herren im italienischen Bormio ausfallen, sondern die öffentlich-rechtliche RAI. Sie liefert als so genannter Poolführer Bild und Ton von der gesamten italienischen Ski-Weltmeisterschaft für die angeschlossenen Sender des öffentlich-rechtlichen Dachverbandes EBU. Doch die RAI samt Technik war in Bormio für 24 Stunden in den Streik getreten. Beim ZDF, das ursprünglich ab dem Vormittag übertragen wollte, gab es stattdessen ein Notprogramm. Der Riesenslalom wird morgen nachgeholt.

Zwar hatte das Zweite zusammen mit dem ORF und dem Schweizer SRG noch versucht, „die Übertragung mit einem Notplan zu retten“, wie es auf ZDF.de hieß: „Mit nur drei Kameras war eine Übertragung des Rennens aber nicht möglich.“

Dafür gab es, thematisch halbwegs passend, ein Wiedersehen mit den „Weißblauen Wintergeschichten“ und der Doku „Gigant aus Eis und Schnee“. Beim ZDF zeigte man sich gestern „nicht gerade entzückt“ wegen der plötzlichen Sportabsage. Zumal dadurch heute, am eigentlich rennfreien WM-Tag, gleich die nächste Programmänderung ins Haus steht: „Tierarzt Dr. Engel“ dürfte aber Verständnis haben.

Der eigentliche Imageschaden ist aber für Italien entstanden: „Das ist unangenehm, vor allem im Hinblick auf Turin“, sagte Gian-Franco Kasper, Präsident des Weltskiverbands FIS. Denn in Norditalien finden 2006 die Olympischen Winterspiele statt. Die Wettkampf-Verschiebung zeigt zudem wieder einmal, wer im internationalen Spitzensport das Sagen hat: das Fernsehen. Rund 45 Millionen Euro zahlen laut ZDF.de die EBU-Anstalten an die FIS für die Übertragungsrechte der WM-Läufe in Bormio und der anschließenden nordischen WM in Oberstdorf.

Und die streikenden RAI-Mitarbeiter? Sie wollen laut ZDF mit ihrem Ausstand auf Missstände im zentralen Verwaltungsbereich des Senders hinweisen. Ein wesentlicher Punkt dürfte dabei die geplante Teilprivatisierung des öffentlich-rechtlichen Senders sein: Am Mittwoch hatte Italiens Finanzminister Domenico Siniscalco vor dem Parlament in Rom verkündet, dass im Herbst erste Teile der RAI an die Börse gebracht würden. Im Frühjahr soll ein Regierungsausschuss festlegen, wie viel der von Berlusconi endgültig auf Linie gebrachten Anstalt verkauft wird – Insider rechnen mit 25 bis 30 Prozent. Dass die Mitarbeiter selbst handeln, tut Not. Denn von der RAI-Spitze ist kein Widerstand mehr zu erwarten. Der Verwaltungsrat, das höchste RAI-Gremium, ist seit letztem Frühjahr nur noch mit Berlusconis Getreuen besetzt.

STEFFEN GRIMBERG