Deutsche sammeln für die Papierindustrie

2004 produzierte die einheimische Industrie fünf Prozent mehr Papier und Pappe. Und das ökologisch: Rund zwei Drittel des Rohstoffs sind Altpapier. Beim Bürobedarf sind Recyclingfasern allerdings out. Mangelnde Nachfrage

BERLIN taz ■ Wenn Sie eine Tageszeitung in Händen halten, besteht die meist aus Recyclingpapier. Altpapier ist für die deutsche Papierindustrie der wichtigste Rohstoff – und macht 65 Prozent aus. Das ist nicht die einzige gute Nachricht aus der Branche: Sie stellte 2004 fünf Prozent mehr Produkte her als im Vorjahr und erreichte damit den Rekord von 20,6 Millionen Tonnen. Das gab der Verband deutscher Papierfabriken (VDP) gestern bekannt.

Rund 45.000 Menschen sind in der deutschen Branche beschäftigt, der größten Papierindustrie Europas. Neue Fabriken sind geplant. „Der Standort Deutschland ist attraktiv“, sagte Klaus-Dieter Kibat, zuständig für Rohstoffe beim VDP, der taz. Das liege an gut ausgebildetem Personal, am starken deutschen Papierverbrauch und an der guten Rohstoffsituation. Denn die Deutschen sind die besten Papiersammler der Welt. Der begehrte Altstoff wird bis nach China exportiert, wo der Verbrauch rasant steigt.

Doch trotz der guten Recyclingquote in Deutschland steht nicht alles zum Besten. Beim Büropapier werden nur knapp 23 Prozent Altfasern eingesetzt, bei Schulheften weniger als zehn Prozent. Bei Kopier- und Druckerpapier hätten die Verbraucher immer noch Vorurteile, dass Recyclingpapiere zu sehr staubten oder zu Papierstaus führten, bemängelt Beatrice Straib von der Initiative Pro Recycling: „Das stimmt aber nicht, da gibt es längst DIN-Normen.“ Die Initiative hat immerhin 21 Großunternehmen als Mitglieder gewonnen, darunter die Deutsche Post. Deren Tochterunternehmen McPaper hat allerdings Kopierpapiere mit Umweltengel ausgelistet: Grund: zu wenig Nachfrage.

Ein Drittel des Rohstoffes der deutschen Papierindustrie stammt aus Frischfasern, die aus Holz gewonnen werden. Diese Zufuhr ist nötig, weil man Papier nicht endlos wiederverwenden kann. Damit die deutschen Papierhersteller Holz aus umweltschonendem Anbau fördern, hat ihr Verband die Mitgliedschaft in zwei Zertifizierungsorganisationen für nachhaltige Forstwirtschaft beantragt.

Die Papierexpertin der Waldschutzorganisation Robin Wood, Angelika Krumm, ist dennoch nicht zufrieden: „Das größte Problem ist der Papierhunger der Industrienationen.“ Sie brauchten vier Fünftel des weltweit hergestellten Papiers. „Wenn andere Länder aufholen, halten das die Wälder nicht aus“, so Krumm. Die Deutschen benutzten pro Kopf 221 Kilogramm Papier im Jahr, die Polen nur 67 Kilo, der Weltdurchschnitt liege bei 53 Kilo. Zudem werde viel Papier nach Deutschland importiert – ohne Altfaseranteil. Darunter ist laut Robin Wood auch Papier aus indonesischem Tropenholz.

Für die Umweltbilanz und die Finanzen der deutschen Papierindustrie schlägt der große Energiebedarf negativ zu Buche. Vor allem die hohen Energiekosten führten dazu, dass der Gewinn vor Steuern nur zwei Prozent betrug. Die Ausnahmen bei der Ökosteuer für energieintensive Branchen dürften „auf keinen Fall in Frage gestellt werden“ machte VDP-Präsident Gallenkamp klar. BEATE STRENGE