Filter im Beratermarkt

Um das Supervisionsangebot transparenter zu machen, entwickelt die Deutsche Gesellschaft für Supervision sechs Verfahren zur Qualitätssicherung. Mit dem Pilotprojekt will sich der Berufs- und Fachverband zum europäischen Vorreiter aufschwingen

von Anja Humburg

Wenn Zockerhaie den tiefen Ozean der Beraterinstitutionen zunehmend schwerer durchschwimmbar machen, dann braucht es einen Qualitätsfilter, um dieses noch recht junge Ökosystem im Gleichgewicht zu halten. Neuerdings gibt es solch eine Schleuse zur Qualitätsentwicklung und -sicherung für Supervisoren, wenn auch zunächst nur als Pilotprojekt und auf freiwilliger Basis.

Der tiefe Ozean

„Heftiger umkämpft“ und zugleich immer weniger transparent sei das Gebiet der Supervision in den vergangenen Jahren geworden. Manch einer der dort Agierenden strebe mehr nach eigenem Profit als nach einem „hochwertigen Angebot“ für die Kunden – um die es eigentlich geht, konstatiert Jörg Fellermann, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Supervision (DGSv) mit Sitz in Köln. Die 1989 gergündete Einrichtung entwickelte sich mit inzwischen 3.500 Mitgliedern zum anerkannten Berufs- und Fachverband in der Bundesrepublik.

2001 richtete die DGSv die Kommission Qualität ein, um „endlich objektive und klar definierte Qualitätskriterien für Supervisoren zu erarbeiten. Das sind „Ausbildungs- und Ausbildungsleiterstandards“, die einer „Lehrsupervisortätigkeit“ zugrunde gelegt würden, resümiert Annette Lentze, bei der Gesellschaft Fachreferentin für Qualität. Um den Markt der Supervision verlässlicher und Kunden wie Berater zufriedener zu machen, ging die DGSv am 1. April 2003 in die Offensive.

Der Qualitätsfilter

Der Verband startete das „Modell zur Qualitätsentwicklung von Supervision“ als ein zunächst auf drei Jahre befristetes Pilotprojekt. Sechs alternative Verfahren erarbeitete die Kommission Qualität. „Sie ermöglichen den Teilnehmern ihre laufende supervisorische Arbeit zu dokumentieren, zu reflektieren und für die Kunden transparent zu machen“, erklärt Lentze. „383 DGSv-Mitglieder (Stand Mai 2004) engagieren sich bereits in einem oder mehreren Verfahren auf freiwilliger Basis zusätzlich zu den üblichen Fortbildungen und Seminaren.“

Zwei der Verfahren schlagen dialogische Prozesse vor, einerseits das Gespräch mit einem Qualitätsentwicklungsberater der DGSv und andererseits die Auseinandersetzung in der Gruppe mit anderen Supervisoren. In den übrigen Verfahren geht es etwa um die Veröffentlichung der eigenen theoretischen und praktischen Ansätze. Oder um den Erwerb einer Zertifizierung durch eine externe Vergabestelle.

Mit einer einmaligen Teilnahme, so Lentze, sei es aber nicht getan: Alle Modellverfahren erfordern jährliche Leistungsnachweise. Gemeinsames Ziel ist es, auf unterschiedlichem Wege eine verbindliche Qualitätsvereinbarung für die supervisorische Arbeit zu definieren.

Die Leitlinien

Vier Qualitätsdimensionen, die auch von anderen Verbänden anerkannt sind und von der DGSv auf den speziellen Fall Supervision übertragen wurden, dienen diesem Modell als Schablonen für Qualität. „Dieses Denkwerkzeug macht es möglich, meine Arbeit als Supervisorin zu verbessern“, erklärt Referentin Lentze.

Die so genannte „Strukturqualität“ grenzt die Rahmenbedingungen und Ausstattung ein: Darunter fallen Verträge, der Umgang mit vertraulichem Material, aber auch die Erreichbarkeit des Supervisors etwa per Telefon oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die „Prozessqualität“ meint die grundsätzlichen Eigenschaften des eigenen Profils, die zum Beispiel Sicherheit und Ernsthaftigkeit vermitteln können. Die „Ergebnisqualität“ definiert die Wirksamkeit der Leistungen anhand der vereinbarten Ziele wie Dauerhaftigkeit des Erfolges und Lösungswege. Und im Eckpunkt „Konzeptqualität“ sind die zugrunde liegenden Vorstellungen und Werte, etwa Transparenz und Verbindlichkeit der ethischen Grundhaltung, als Leitlinie niedergeschrieben.

„Viele dieser Kriterien scheinen selbstverständlich“, sagt Lentze. „Wir wollen sie mit dem Modell bewusster machen, zu Vergleichen mit anderen Supervisoren anregen, sodass der eigene supervisorische Stil klarer hervortritt und weiterentwickelt wird.“

Das junge Ökosystem

2006 entscheidet die DGSv über den weiteren Fortgang des Projekts. Vor einem Jahr wurde das Modell erstmals evaluiert: 47 Prozent der 175 befragten Teilnehmer schätzen die vier Qualitätsdimensionen als hinreichend vermittelt ein. 12 Prozent dagegen betrachten sie als vernachlässigt, die übrigen sind noch unentschieden. Lentze deutet das Resultat so: „Wegen des schwierigen Themas gibt es noch viele Missverständnisse, Unwissenheit, aber auch viel Neugier. Oft fehlt bisher der persönliche Dialog, denn eine Broschüre beantwortet keine Fragen.“

Das Verhältnis von Aufwand und Nutzen schätzen 47 Prozent als ausgwogen ein, für 26 Prozent der Befragten ist der Nutzen sogar größer. Für Lentze steigt die DGSv durch diese Resonanz „zu einem Gütesiegel am Beratungsmarkt“ auf. Sogar auf europäischem Niveau werde der Verband damit zum Vorreiter in der Qualitätsentwicklung und -sicherung.