Gott lässt Friedman zu

Die Frauenunion protestiert gegen einen Auftritt Michel Friedmans zum Evangelischen Kirchentag

Der sei „auch nur ein Mensch – jetzt wissen wir es alle“, sagte Harald Schmidt, nachdem Michel Friedman 2003 von seinen Ämtern als Talkmaster und Vizepräsident des Zentralrats der Juden zurückgetreten war. Friedman, so war in einem Prozess vor dem Berliner Landgericht herausgekommen, hatte unter dem Namen „Paolo Pinkel“ bei rauschenden Partys gekokst und mit aus Osteuropa eingeschleusten Prostituierten verkehrt.

Der Moderator tat Buße und akzeptierte einen Strafbefehl in Höhe von 17.400 Euro. Es ist deshalb nicht ganz unpassend, den „lustvollen Provokateur“ (Die Woche) zu einer Podiumsdiskussion am heutigen Dienstag über die bange, von Bild gestellte Frage „Wie konnte Gott das zulassen?“ zu laden. Friedman, Bild am Sonntag-Chef Claus Strunz, der Lübecker Altbischof Karl Ludwig Kohlwage und Frederik Barkenhammer sollen dabei über „Der Tsunami und die Theodizee“ diskutieren. Es handelt sich um eine der ersten Vorveranstaltungen zum 30. Evangelischen Kirchentag, der im Mai in Hannover stattfindet.

Doch noch haben nicht alle Friedman verziehen. Bekanntlich stehe der Kirchtag ja unter dem Motto „Wenn Dein Kind Dich morgen fragt“, schreibt Eva Möllring, die Chefin der niedersächsischen Frauen-Union, in einem offenen Brief an die Generalsekretärin des Kirchentags, Friederike von Kirchbach. Wie aber könne „jemand, der sich von ukrainischen Menschenhändlern gewungene Prostituierte auf das Zimmer bestellt, unseren Kindern Maßstab sein und sich glaubwürdig in einer solchen Wertediskussion äußern?“, donnert die CDUlerin weiter und fordert, das einstige Mitglied des CDU-Bundesvorstands auszuladen. Die Kirche könne „die unbarmherzige Gewalt an diesen Frauen nicht ignorieren und die Nutznießer dieser Machenschaften als Vorredner präsentieren“.

„Wir kommentieren das Schreiben Möllrings genauso wenig wie die Lebensgestaltung von Michel Friedman“, entgegnet Kirchentagssprecher Rüdiger Runge kühl. Zwar seien schon „eine Reihe von Briefen mit Kritik“ wegen Friedman eingegangen, aber „die Einladung bleibt bestehen“. Bei seiner Talkshow im Januar auf dem Sender N24 habe Friedman „so interessant“ mit Bischof Wolfgang Huber zum Thema diskutiert, dass man ihn angesprochen habe. Auch an der Einladung zu der Veranstaltung über „Protestantismus heute“, die am 28. Mai auf dem Kirchentag stattfindet, halte man fest.

Kai Schöneberg