Arbeiter aller Länder, vertragt Euch

Angestellte aus verschiedenen Kulturen arbeiten häufig unterschiedlich. Welche Konflikte daraus entstehen können, haben die Fachhochschule Köln und Ford in einem der deutschlandweit größten Xenos-Projekte untersucht

KÖLN taz ■ Der deutsche Vorarbeiter kann schreien, wie er will. Er wird ignoriert. Stur geht der ältere Türke weiter und reagiert mit keinem Blick auf seinen schimpfenden Vorgesetzten. „Warum haben Sie Ihre Schutzbrille nicht aufgesetzt? Die Arbeit am Fließband ist gefährlich, verdammt!“ Als der Vorarbeiter seinen Untergebenen an der Schulter packt, stößt der seinen Chef mit den Händen zurück – und lässt ihn stehen.

Solche Szenen können sich ereignen, wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammen arbeiten. Diesmal ist es allerdings nur eine Filmszene, gespielt für ein Projekt der Fachhochschule (FH) Köln. In Zusammenarbeit mit dem Autohersteller Ford hat ein fünfköpfiges FH-Team in den vergangenen drei Jahren untersucht, wie kulturelle Unterschiede für Arbeitskonflikte sorgen. Gestern wurden die Ergebnisse in der Fachhochschule in der Südstadt vorgestellt. Sie zeigen: Wer die kulturellen Hintergründe der Mitarbeiter in den Arbeitsalltag einbezieht, steht besser da als mit verordneter Gleichmacherei.

Der Vorarbeiter hätte einfach genauer hinschauen müssen, als er den türkischen Mechaniker rügte: Vor drei zuschauenden jungen Türken greift er dem Kollegen an die Schulter. Dabei ist der es gewohnt, mit Respekt behandelt zu werden – gerade von und vor Jüngeren.

Die Kooperation mit der Fachhochschule ist Ford natürlich nicht nur eingegangen, um die Sozialwissenschaften zu unterstützen. Fast die Hälfte der rund 1.400 Angestellten im Kölner Motorenwerk sind Ausländer aus über 57 Nationen. „Interkulturelle Kompetenz ist ein zentraler Schlüssel zum Erfolg“, sagte Werksleiter Theo Streit auf der Projektpräsentation. Der FH kann dieses wirtschaftliche Ziel nur recht sein. Rektor Joachim Metzner stellte fest, dass sich die Hochschule zu einem „wissenschaftlichen Dienstleistungsunternehmen“ entwickle.

Das Dienstleistungs-Projekt „Interkulturelle Kommunikation und Konfliktlösung am Arbeitsplatz“ war eine umfangreiche Aufgabe: 700 Ford-Mitarbeiter wurden befragt, 52 Trainingsveranstaltungen abgehalten, vier Videofilme gedreht und eine Ausstellung konzipiert. Mehr als 800.000 Euro hat das Projekt gekostet, rund die Hälfte wurde von Ford beigesteuert. Den Rest zahlten das Bundesarbeitsministerium und der Europäische Sozialfond. Damit ist das FH-Projekt eines der größten Xenos-Projekte in Deutschland (siehe Kasten). BENJAMIN TRIEBE